Reader's Digest
26 March 2024
Liebe Leserin, lieber Leser, ich gebe es gern zu: Ich mag keine Lakritze! Alle paar Jahre koste ich mal wieder diese Süßigkeit, nur um mir selbst zu bestätigen, dass ich sie abscheulich finde. Einige Menschen aus meinem Freundeskreis dagegen lieben das schwarze Zeug. Was uns schmeckt, ist individuell, aber auch nach Kulturkreis verschieden. Mein französischer Kollege findet überhaupt nichts dabei, Schnecken zu essen. Wollte man ihm die in vielen afrikanischen Ländern beliebten Heuschrecken reichen, würde er sich dagegen ekeln – dabei sind beide Lebensmittel gesundheitlich unbedenklich. Wir Menschen sind widersprüchlich: Einerseits verzehren wir mit Genuss fermentierte Milch in Form von Käse oder vergorenen Traubensaft als Wein. Andererseits stößt uns ab, was unserem Körper eigentlich hervorragende Nährstoffe liefern würde wie beispielsweise Mehlwürmer (die reich sind an Eiweiß und an Omega-3-Fettsäuren!). Grundsätzlich hat die Emotion des Ekels eine wichtige, oft unterschätzte Funktion: Sie schützt uns vor Dingen, die uns schaden könnten. Wir ekeln uns vor verdorbenen Lebensmitteln, weil sie uns krank machen können, und vor Schädlingen, weil sie oft gefährliche Keime oder Bakterien übertragen. Interessanterweise verspüren Kleinkinder noch keinen Ekel. Diese Emotion wird ihnen – meist von den Eltern – anerzogen. Warum sich Menschen auch vor ganz alltäglichen Dingen, zum Beispiel einem gewaschenen Pullover oder einem Buch ekeln können, das verrät der weltweit führende Forscher auf diesem Gebiet, der Psychologe Paul Rozin, im Interview ab Seite 52. Eine lehrreiche und höchst unterhaltsame Lektüre! Viel Lesevergnügen an dieser neuen Ausgabe wünscht Ihnen Ihr Michael Kallinger
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