Reader's Digest
30 April 2024
Liebe Leserin, lieber Leser, als Kind habe ich sie gehasst: die obligatorischen sonntäglichen Spaziergänge mit der Familie. Viel lieber wäre ich mit meinen Abenteuerromanen zu Hause geblieben, hätte Musik gehört oder mich mit Freunden getroffen. Aber Sonntag war bei uns bis gegen Ende der 1970er-Jahre meist Familientag. Da blieb man unter sich oder traf maximal die Verwandtschaft. Und natürlich war dabei frische Luft Pflicht! Ab und an machte es mein Vater spannend: Dann ging es beispielsweise auf Bachwanderung. Wir stapften im nahe gelegenen Wald in Gummistiefeln durchs flache Gewässer und erklommen einen Hang, hinauf zu einem Gesteinsbrocken, den unser Vater für uns „Winnetou-Felsen“ getauft hatte. Die zugehörige, ehrlich erfundene Legende habe ich leider vergessen. Das Gros der Spaziergänge allerdings bestand aus Variationen der immer gleichen Tour vom Wohnhaus entlang an Feldern und Wald. Laaangweilig! Und heute? Bin ich derjenige in der Familie, der sonntags gern noch eine Runde drehen möchte. Mit dem Fahrrad, oft aber auch zu Fuß. Weil man sich beim Spazierengehen nicht nur an der frischen Luft bewegt, sondern zudem wunderbar unterhalten kann. Unsere Kinder gehen längst nicht mehr mit. Aber oft kann ich meine Frau motivieren und häufig drehen wir eine größere Runde mit Freunden. Vermutlich sind wir im besten Spaziergängeralter angekommen und schätzen die kommunikative wie die ausgleichende Wirkung. Deshalb habe ich mich auch sehr über den Beitrag Kleine Fluchten (Seite 50) gefreut, der passend zum Frühling die Kulturgeschichte und Renaissance des Spazierengehens feiert. Und Sie? Kommen Sie mit an die frische Luft? Herzlich grüßt Sie Ihr Michael Kallinger
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