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Ivar Leon Menger: Angst

Jede Nacht hat ihre Kinder. Geschöpfe wie ihn, die um die beleuchteten Häuser schlichen und nach Beute suchten. Mit dem Teleobjektiv, aus sicherer Entfernung. Einmal im Monat eroberte der Schatten ein anderes Revier. Ein fremdes Viertel, eine neue Straße. Er wurde regelrecht süchtig danach. Bis er Mia sah. Und so blieb er für immer ...

Irgendetwas an Viktor stimmt nicht, das spürt Mia schon bei ihrem ersten Date im Edelrestaurant auf dem Dach des Kanzleramts. In den Tagen darauf geschehen merkwürdige Dinge, die sich irgendwann nicht mehr mit dem Zufall erklären lassen. Mias anfängliche Beunruhigung weicht einer lähmenden Angst. Doch dann beschließt sie, den Spieß umzudrehen. Ein tödliches Spiel beginnt ...

Will ich haben!

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Ivar Leon Menger: Angst dtv, Paperback, 448 Seiten, € 16,00, ISBN: 978-3-423-26361-0

Prolog

Jede Nacht hat ihre Kinder. Geschöpfe wie ihn, die um die beleuchteten Häuser schleichen und nach Beute suchen. Mit dem Teleobjektiv, aus sicherer Entfernung. Einmal im Monat eroberte der Schatten ein anderes Revier. Ein fremdes Viertel, eine neue Straße. Er wurde regelrecht süchtig danach. Bis er Mia sah. Und so blieb er für immer.

Er studierte jede ihrer Bewegungen, beobachtete, wie sie die Vorhänge an ihrem Fenster zuzog, meist nur halbherzig. Vermutlich, damit er ihr weiterhin zusehen konnte, wie sie sich im Schein der Schreibtischlampe entkleidete. Dann wünschte er sich, dass sie sich zwischen die Beine fasste und für ihn masturbierte. Doch das war nie geschehen. Das hob sie sich wohl für andere auf.

Ja, er war ihr hartnäckig gefolgt. Bis er endlich in ihrer Nähe war. So dicht, dass sie seine Anwesenheit gar nicht mehr bemerkte.

Das war eine Kunst, kein Verbrechen.

Und trotzdem saß er nun hier, in diesem schrecklich schmucklosen Verhörraum, und sollte erzählen, was vor zwei Wochen passiert war.

Er dachte, es wäre Liebe. Dabei hatte ihm Mia nur etwas vorgespielt. Er schüttelte den Kopf über die eigene Dummheit. Warum war er nicht von alleine darauf gekommen? Sie war Schauspielerin von Beruf. Also so etwas Ähnliches wie er.

Er hatte früh gelernt, sich zu verstellen. In andere Rollen zu schlüpfen, damit sie ihm nicht auf die Spur kamen. Schon damals, als er als Kind die Nachmittage im Wald verbrachte, Blaubeeren sammelte, den Schnecken die Fühler abschnitt oder Katzen anzündete.

Der Kommissar schob ihm einen Becher mit Kaffee über den Tisch.

Er nahm einen Schluck und ärgerte sich über die Handschellen, die ihn dazu zwangen, den Kaffeebecher mit zwei Händen zu umklammern. Er war doch kein Eichhörnchen.

»Mein Name ist Tarik Ünal. Ich bin der leitende Mordermittler in diesem Fall.« Seine Stimme war so tief wie ein gut gestimmter Kontrabass.

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