Trauer verarbeiten

2 min lesen

Kaum volljährig, lief Natali Bergen ihren ersten Marathon auf Anhieb unter vier Stunden, weil ihr Bruder damals den passenden Trainingsplan für sie geschrieben hatte. Vor eineinhalb Jahren nahm er sich das Leben. Das Laufen hilft Natali beim Trauern

VonIRINA STROHECKER

Natali Bergen (2. v. l.) läuft, um den Tod ihres Bruders zu bewältigen
FOTOS: PRIVAT

„Ich kämpfe mit Wut, Enttäuschung, Trauer. Es ist jeden Tag aufs Neue schwierig. Was hilft? Klar, das Laufen!“, sagt Natali, 53. Das Laufen hat sie und ihren eineinhalb Jahre älteren Bruder Sebastian bereits im Jugendalter verbunden. Natali ist seit 40 Jahren Läuferin, als Jugendliche trainierte sie viel auf der Bahn. Sebastian sei damals schon ein begnadeter Läufer gewesen, während sie im Mittelfeld gekämpft habe, berichtet sie. „Zu meinem 18. Geburtstag liefen wir den Amsterdam-Marathon, für den er mir einen Trainingsplan geschrieben hatte. Es war mein erster Marathon, ich finishte in 3:57 Stunden, Sebastian war weit vor mir.“ Durch Studium und Familie trennten sich schließlich ihre Wege. „Doch Trainingseinheiten und Marathons vereinten uns immer wieder, bis Sebastian aus gesundheitlichen Gründen mit dem Laufen aufhören musste. Im November 2022 hat sich mein Bruder das Leben genommen“, erzählt Natali.

Nur beim Laufen fühlt sie sich ihrem Bruder nah, weshalb sie ihre persönliche Neuauflage in Amsterdam Sebastian widmen möchte: „Ich werde im Oktober 2024 den Amsterdam-Halbmarathon laufen. Falls ich mich verletzen sollte oder aus irgendeinem anderen Grund nicht trainieren kann, werde ich mich als freiwillige Helferin melden. Ich werde auf jeden Fall dort sein.“

Am 31. Dezember 2023 um Mitternacht startete sie zuletzt beim Zürich-Halbmarathon. „Gut, dass ich das neue Jahr laufend begrüßt habe, so konnte ich nicht ins Grübeln geraten.“ Natali hat einen Instagram-Account für Sebastian ins Leben gerufen: „Es ist für mich eine Möglichkeit, meine Trauer zu verarbeiten und Leute zu erreichen, die meinen Bruder kannten.“ Auch wolle sie für Charity sammeln, erzählt sie. „Ich möchte Menschen für das Tabuthema Suizid sensibilisieren, meiner eigenen Trauer Raum geben und Sebastian eine Art Denkmal setzen, indem ich zu unserem ersten gemeinsamen Marathon zurückkehre.“ Mehr Infos auf Instagram: see_you_seb

Training für den Artenschutz

Jörg Hommers, 47, hat eine ganz besondere Laufmission: Er „spendet“ sein Training dem Artenschutz. „In den vergangenen zwei Jahren konnte ich bereits rund 1400 Euro für den Verein

Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel