Jan,der langsame Profi

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Der größte Erfolg von Jan Fitschen, sein überraschender Sieg über 10 000 Meter bei den Europameisterschaften in Göteborg, liegt bereits 18 Jahre zurück. Trotzdem ist er immer noch in der Laufszene aktiv und längst zu seiner eigenen Marke geworden. Wir haben ihn zu Hause besucht

Text HENNING LENERTZ • Fotos JAN FASSBENDER

Fotos JAN FASSBENDER

Die mit Abstand berühmteste Persönlichkeit aus Mettmann ist zweifelsohne der Neandertaler, dessen Überreste hier 1856 in einem Kalksteinbruch im namensgebenden Neandertal entdeckt wurden. Seitdem klar ist, dass es sich dabei um eine eigenständige, seit rund 30 000 Jahren ausgestorbene Menschenart handelt, hält die Begeisterung und Faszination über die Knochenfunde an. Es gibt ein Museum, in dem die Geschichte des Homo neanderthalensis und seine Kultur erlebbar gemacht wird. Mettmann vermarktet sich bis heute als Heimat des Neandertalers und kann gut von dem Zufallsfund leben.

Bei Jan Fitschen, Mettmanns vielleicht zweitberühmtesten Einwohner, ist es ähnlich. Obwohl er 2015 seine Laufkarriere beendete, kann er bis heute von seinem größten Moment leben. Bei ihm war es die Leichtathletik-EM 2006 in Göteborg, die ihn bekannt machte. Im 10 000-Meter-Finale gehörte Jan, damals 29 Jahre alt, keineswegs zu den Favoriten. „Ich bin nicht in das Rennen reingegangen, weil ich dachte, ich kann das Ding gewinnen“, sagt er. „Vielmehr dachte ich: Top Ten wäre gut.“ Doch der Rennverlauf spielte ihm in die Karten: Taktik statt Tempo bestimmen die ersten 20 von 25 Runden. Als es dann vorne abgeht, bekommt Jan das im großen Pulk zunächst nicht mit. Die ersten drei reißen eine Lücke. Jan setzt nach, löst sich vom Hauptfeld und rennt als Vierter mit rund 20 Meter Abstand hinterher.

„Im ersten Moment dachte ich: Geil, ich kann Vierter in Europa werden.“ Gleichzeitig sei ihm in den Kopf gekommen: „Vierter?! Es gibt nix Blöderes, als so knapp das Podium zu verpassen.“ Jan erkennt die „Riesenmöglichkeit“. Weil die Lücke nicht größer wird, wächst seine Zuversicht. Mit der Glocke, die die letzte Runde einläutet, ist er ganz vorn dran. Zuerst rennt er an seinem Kumpel und Trainingspartner Christian Belz vorbei. „Alter, du bist Dritter.“ Das Momentum ist auf seiner Seite, vor der letzten Kurve muss er sogar Tempo rausnehmen, um die beiden Spanier vor ihm nicht außen überholen zu müssen.

Jan wartet im Windschatten und vertraut auf seinen Schlussspurt, den er im Kurvenausgang auspackt. Mit jedem Schritt macht er Zentimeter gut. Jubelnd und mit z

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