Reader's Digest
25 July 2022
Liebe Leserin, lieber Leser, ich weiß nicht, ob Sie die TV-Serie Mad Men kennen. Sie handelt von einer fiktiven Werbeagentur im New York der 1960er-Jahre. Nicht fiktiv ist, womit sich diese Agentur bereits in der ersten Folge der ersten Staffel beschäftigt: damit, dass Reader’s Digest als erstes großes Medium den Zusammenhang von Rauchen und Lungenkrebs hergestellt hat – was für einen der größten Kunden der Werber, einen Tabakkonzern, erhebliche Probleme aufwirft. Immer wieder hat unser großes kleines Magazin in den 100 Jahren seines Bestehens Weitblick bewiesen. So auch beim Erkennen der Abhängigkeit Europas von russischem Gas. In dieser Ausgabe drucken wir noch einmal einen Artikel, der bereits 1982 in Reader’s Digest erschienen ist: Macht uns sibirisches Erdgas zu abhängig? (Seite 58) Darin legt unser Autor Joseph A. Harriss dar, wie sich Deutschland, Frankreich, Italien und weitere westeuropäische Staaten auf eines der größten und lukrativsten Geschäfte mit der Sowjetunion einließen. Mitten in der Zeit des Kalten Krieges lieferte der Westen technisches Know-How und Material für Förderung und Pipelines, die Sowjets im Gegenzug billiges Gas, dessen Vorkommen sie ohne diese Hilfe nur in geringem Umfang hätten ausbeuten können. Schon damals dachte man darüber nach, Pipelines durchs Meer zu legen. Ein Mulitimilliardengeschäft für beide Seiten, bei dem die Nato-Mitgliedstaaten ignorierten, dass die Sowjetunion in Polen das Kriegsrecht hatte ausrufen lassen, um den Bruderstaat wieder auf Kurs zu bringen. Die Parallelen zur aktuellen Lage in Europa sind unverkennbar. Zu lange haben wir den Profit über die Demokratie gestellt. Lassen wir uns das eine Lehre sein. Zuversichtlich grüßt Sie Ihr Michael Kallinger
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