Reise Alaska
Bei Alaska denken viele nicht zuerst ans Radfahren. Dabei liegt Anchorage, die größte Stadt, nur wenig nördlicher als Oslo oder Stockholm.
Biken in Alaska
Elly Maurer, Gründerin und Chefin von „Alaska Trail Guides“, kennt diese zweifelnden Blicke von europäischen Kunden. Alaska assoziieren diese mit kalbenden Gletschern, nach Lachsen fischenden Bären, dem legendären Hundeschlittenrennen Iditarod oder dem eisbedeckten Sechstausender Denali, einem der Seven Summits. Unter dem Strich: alles ganz schön kalt und nicht unbedingt geeignet, um vom Sattel eines Fahrrades aus erkundet zu werden.
Elly sagt dann Sätze wie: „Der Hitzerekord in Fairbanks betrug 38 Grad.“ Oder: „Anchorage liegt kaum nördlicher als die skandinavischen Metropolen Oslo und Stockholm. Und in diesen Muster-Städten in Sachen Zweirad-Infrastruktur boomt das Biken ja schließlich auch.“ Was viele nicht wissen: Die größte Stadt des Bundesstaates bietet tatsächlich eines der besten Radwege-Netze in den gesamten USA mit Hunderten von Meilen an geteerten oder geschotterten Routen.
Dass Elly nicht übertrieben hat, merke ich gleich bei der ersten Ausfahrt, bei der wir dem „Green Belt“ folgen, der die Stadt umgibt. Dieser „grüne Gürtel“ verbindet den Tony Knowles Coastal Trail, den Chester Creek Trail und den Campbell Creek Trail zu einem rund 50 Kilometer langen Loop mit gerade einmal 150 Höhenmetern, perfekt zum Einrollen nach einem langen Flug aus Deutschland. Man braucht für die Navigation weder Smartphone noch Karte. Es genügt, den Schildern mit dem Elch-Kopf zu folgen. Nicht ohne Grund: Wir sind keine viertel Stunde unterwegs und haben das Zentrum gerade hinter uns gelassen, als Elly bremst und den Zeigefinger an die Lippen legt. Im dichten Gebüsch hat sie eine Elchkuh mit ihrem Nachwuchs entdeckt. Gefühlt eine halbe Stunde später sehe auch ich das Duo. Sofort zücke ich die Kamera und möchte mich näher anpirschen, doch meine Begleiterin zupft mich am Ärmel und flüstert: „Der Abstand ist genau richtig. Wer noch näher rangeht, riskiert auf das Geweih genommen zu werden.“ Im Grunde seien die großen Tiere friedlich, so lange man sie nicht bedrängt. Aber mit Jungtieren könnten sie unberechenbar werden. „Vor denen habe ich mehr Respekt als vor Schwarzbären, die es hier auch gibt“, schiebt Elly nach.