Stoneman Glaciara

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Spaltige Gletscherzungen, umstellt von Viertausendern. 4700 Höhenmeter auf 127 Kilometern. Für Genießer wäre die Stoneman-Route im Wallis eine Dreitages-Tour. Mindestens. Als Tages-Tour wird sie zur Zitterpartie um jede Wattminute – und zum Rennen gegen das schwindende Tageslicht.

Fotos: xxxxxxxons
Auf dem Trail zurück zur Fiescheralp ist Konzentration gefragt. Der Trail ist exponiert, ziemlich verblockt, und die steilen Gegenanstiege werden mit der merklich schwindenden Batterieunterstützung immer schwieriger zu bewältigen. Langsam spüren wir, dass wir bereits elf Stunden unterwegs sind und über 4000 Höhenmeter in den Beinen haben.

d Die Batterieanzeige blinkt rot, und die Steigung will kein Ende nehmen. Warum nur befindet sich der letzte Checkpoint so abgelegen auf der Moosfluh? Laut Streckenplan ist das einfach nur ein Extra-Loop, scheinbar willkürlich an die Strecke drangehängt, so überflüssig wie ein Kettenriss. Ein zäher Schnörkel jedenfalls, der unsere Akkus nahe an die Null-Prozent-Marke treibt – was, um Himmels Willen, soll diese Schinderei nach über 4000 Höhenmetern? Die Antwort ist einfach: Stoneman-Gründer Roland Stauder versteht sein Handwerk. Er weiß, dass der Anstieg jede Wattstunde und jeden Schweißtropfen wert ist. Auf der Moosfluh weitet sich der Blick über den Aletschgletscher, die größte dieser rissigen Eiszungen im kompletten Alpenbogen. Was für ein Gänsehautmoment, diesen gigantischen Eisteppich im Sonnenuntergangslicht zu erleben. Dass der Akku praktisch leer ist, wird plötzlich genauso unwichtig wie der letzte Stempel aus einem kleinen Maschinchen irgendwo hier oben, der unseren längsten Touren-Tag der Saison auch offiziell beglaubigen soll.

Doch zurück zum Start, und noch ein paar Tage weiter nach links im Zeitstrahl. Dahin, wo der Entschluss gereift ist: Wir wollen die 127 Kilometer und 4700 Höhenmeter des Stoneman Glaciara an einem Tag mit nur einer E-Bike-Batterie bezwingen. Das ist selbst für uns einigermaßen spleenig, und genau deshalb wollen wir es wagen. Wir, das sind Nathalie Schneitter und Joris Ryf, beide aus der Schweiz und beide Bronzemedaillen-Gewinner bei der E-Mountainbike-Weltmeisterschaft 2022. Die Fitness und Erfahrung für ein solches Unterfangen bringen wir also mit. Aber – auch das haben wir im Rennbetrieb gelernt – genauso wichtig ist ein cleverer Plan. Das Akku-Management ist nämlich das A und O bei einem solchen Projekt. Start- und Zielort sowie die Stopps zum Nachladen unterwegs sind absolut zentral, denn die Tage sind kurz, und wir können nicht stundenlang an jeder Steckdose herumlungern, um Strom in die Batterie nachzupumpen. Je weniger wir laden und je besser wir planen, desto größer sind die Chancen, die Runde auch an einem kurzen Herbsttag zu schaffen. Wie viel Watt pro Stunde Joris und ich treten können, wissen wir als Leistung

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