EINE FRAGE DER FREUND-SCHAFT

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Trauzeug:innen haben eine enorme Verantwortung. Nicht nur, weil mit ihnen als Head of Hochzeit der schönste Tag im Leben stehen und fallen kann, sondern auch, weil sie sich oft Gewissensfragen stellen müssen – wie unsere Autorin es erfahren hat

WIR SAGEN J(G)A! Seit 1998 kann man in Deutschland auch ohne Zeug:innen heiraten. Verzichten will aber kaum eine:r auf sie. Schließlich muss ja auch jemand den Junggesellinnenabschied planen …

An dem Tag, an dem ich heiratete, ging eigentlich alles schief. Wir kamen zu spät zum falschen Standesamt, meine Fruchtblase stand kurz vorm Platzen, ich trug ein völlig unpassendes Kleid und es regnete aus Eimern. Wir waren ahnungslos jung, unvorbereitet und nichts war perfekt – und dennoch war es wunderbar. Es ist schon eine Ewigkeit her, damals war Heiraten noch nicht das, was es heute ist: Der absolute Wahnsinn. Keine Ahnung, wann genau schlichte Eheschließungen zu diesem Bridezilla-Business wurden, für das man mehrere Millionen Euro, Excel-Tabellen und Nerven aus Stahl braucht. Nicht nur als Braut, auch als Trauzeugin.

DAS BEZEUGEN VON LIEBE SETZT VOR AUS , DASS MAN EIN-VERSTANDEN IST.

ECHTE FREUNDIN, ECHE FREUDE?

Traditionell besteht die Aufgabe einer Trauzeugin darin, die Eheschließung zu bezeugen, und zwar genau in dem Sinne, dass sie bei der Trauung als Zeugin anwesend ist. Punkt. Diese Jobbeschreibung ist allerdings ein Scherz. In Wahrheit hat sie nämlich weitaus delikatere Dinge zu regeln, als bloß in einer zugigen Amtsstube anwesend zu sein, bis die Tinte getrocknet ist.

Heutzutage können Paare in Deutschland auch ohne Zeug*innen heiraten, und trotzdem machen das die wenigsten, weil die zwölf Monate vor der eigentlichen Eheschließung mindestens genauso ein Fest sind wie die Hochzeit selbst. Zumindest stellen sich die meisten Frauen das theoretisch so romantisch vor: Vermutlich ein Überbleibsel der Kindheit, als der größte Tag der Barbie jener war, als sie Ken endlich ehelichte. Dieses leicht überholte Klischee, dass die Hochzeit der schönste Tag im Leben einer Frau ist, besteht trotz Feminismus auch heute noch. Und weil das so ist, stehen zukünftige Bräute enorm unter Druck, dass es dann aber bitte auch gefälligst der absolut mega schönste, makelloseste Tag im ganzen Leben werden muss. Wie soll man das schaffen? Indem man sich eine Trauzeugin sucht, die ein top Organisationstalent ist! Die einen Bachelor in Blumendeko hat, die geduldig genug ist, um alle Locations zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Kitzbühel abzugrasen, die jeden Samstag ohne eine Miene zu verziehen siebenhundert Brautboutiquen mit einem besucht, die Händchen hält, Torten testet, sich durch sämtliche Rebsorten säuft, bis der perfekte Tropfen für den Empfang gefunden ist, die Frisurenvorschläge, Moodboards und Workouts für den Brautbody mit einem macht, die Mädche

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