Ein eingespieltes Gespann

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Unser Fotograf Jens Nieth läuft am liebsten in Begleitung seines schwerkranken Vaters, den er beim Laufen im Rollstuhl vor sich herschiebt. Hier erzählt er davon, warum und in welcher Weise das beiden guttut

VonIRINA STROHECKER •FotoJENS NIETH

Rauskommen aus der Wohnung und aus dem üblichen Alltag, ihm etwas Gutes tun, darum geht es mir bei unseren gemeinsamen Läufen“, sagt Jens über die bewegten Auszeiten mit seinem Vater. Wenn das Wetter es zulässt, starten Vater und Sohn zweimal in der Woche gemeinsam auf verschiedene Laufrunden, die zwischen fünf und zehn Kilometer lange Strecken umfassen. „Mein Vater hat zeitlebens Sport gemacht. Dieses Ritual, wenn wir uns für das Laufen richten, uns anziehen, die Vorfreude darauf, all das erinnert ihn an alte Zeiten, als er selbst noch aktiv war“, erzählt Jens. Sein Vater Horst habe in den 1970er-Jahren die Dauerlaufszene miterlebt und regelmäßig die Übungen auf den damals populären Trimm-dich-Pfaden absolviert.

„Mein Vater lebte uns drei Brüdern den Sport vor, im Grundschulalter meldete er uns im Turnverein an. Ein paar Jahre später habe ich zudem Handball und Badminton gespielt und der Laufsport kam hinzu. „Ich erinnere mich noch ganz genau daran, wie stolz ich war, als ich im Alter von zehn Jahren zum ersten Mal zehn Kilometer am Stück durchlaufen konnte; das war auf einer Familienrunde zusammen mit meinen beiden Brüdern, meinem Vater und meinem Onkel.“

Jens stellt sich bei den gemeinsamen Trainings ganz auf seinen Vater ein: Wenn es kalt ist, richtet er ihm eine Decke und eine Wärmflasche. „Mein Vater mag Geschwindigkeit. Ich mache dann auch mal Tempo und drehe Kurven.“ Der Rollstuhl wiegt rund 15 Kilo, gemeinsam mit dem Gewicht von Horst ist das eine Herausforderung für die Oberkörpermuskulatur. Doch er empfinde die gemeinsamen Runden nicht als schwer, sondern im Gegenteil – das gemeinsame Laufen bringe sehr viel Leichtigkeit in den mitunter grauen Alltag und in schwierige Lebensphasen, so Jens: „Die frische Luft und die Gespräche tun uns beiden gut. Wir begegnen uns fast wie zwei Laufpartner, denn beim Laufen gibt es eine andere Rollenverteilung als im Alltag. Währenddessen kommen auch andere, intensivere Gespräche zustande.“

Seit sechs Monaten besitzt Horst den Rollstuhl. „Es ist ein übliches Kassenmodell“, erklärt Jens. Der Rollstuhl vermittle ein Gefühl von Freiheit, weil er es möglich mache, dass sein Vater wieder überall dabei sein könne: „Auf die Idee, einen Rollstuhl zu organisieren, kam meine Freundi

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