UN SPORT LICH

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LEITARTIKEL

Sportliche Misserfolge, gesellschaftliche Hintergründe – und die Konsequenzen. Zahlen, Erfahrungswerte und Folgen.

Deutschland gegen Frankreich: 4:3, nach Elfmeter-Schießen – die deutschen U17-Fußball-Nationalspieler holten mit diesem Finalsieg im November WM-Gold. Es ist ein Erfolg gegen den Trend. Dieser zeigt für die „Sportnation Deutschland“ seit vielen Jahren bergab – dies betrifft auch und gerade den „Nationalsport“ Fußball. 6:0, 1:2, 1:1 lauteten die Ergebnisse des deutschen Frauen-Fußball-Teams bei der WM in Australien und Neuseeland. Diese bedeuteten das Aus nach der Vorrunde. Die Frauen zogen damit mit den Männern „gleich“. Die schieden zweimal in Folge bei Weltmeisterschaften in der Vorrunde aus. Dabei ist der Fußball – medial, finanziell und vom gesamten Stellenwert her – mit großem Abstand die Sportart Nummer eins in Deutschland. Diese Ergebnisse sind wohl nur Symptome sehr viel größerer Entwicklungen. „Das Versagen beschränkt sich nicht nur auf den Fußball. Auch in anderen Sportarten wie Schwimmen, Radfahren* oder Rückschlagspielen mussten wir unlängst feststellen, dass Deutschland in nahezu allen sportlichen Aktivitäten den Anschluss an die Weltspitze verloren hat“, schreibt Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln, Bestseller-Sachbuch-Autor und einer der bekanntesten Sportwissenschaftler des Landes. „Der Titel ‚Sportnation Deutschland‘ scheint heute nur noch ein ferner Traum zu sein. Der Abstieg geht immer weiter, während andere Nationen wie Italien, England oder die skandinavischen Länder unaufhaltsam aufholen und uns im Medaillenspiegel überholen. Was machen unsere Funktionäre und Verantwortlichen aus Sport und Politik, in den Verbänden und Organisationen? Sie versuchen, das schlechte Abschneiden auf breiter Front schönzureden. Doch Deutschland braucht dringend eine andere Herangehensweise: innovative Förderkonzepte, zielführende Talent-Sichtung und eine stärkere gesellschaftliche Verankerung des Sports. Wir brauchen ein eigenständiges Sportministerium, wie es andere Länder bereits erfolgreich umsetzen. Wir müssen der Bedeutung von Bewegung und Sport in der Bildung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen wieder mehr Gewicht geben. Was passiert stattdessen? Wir diskutieren über Leistungsparameter im Sport und schaffen die Wertigkeit der Bundesjugendspiele in der Schule ab. Dieser Weg führt uns ins Abseits. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir bald als Sport-Entwicklungsland betrachtet werden.“ Dies sind harte Formulierungen. Doch sie entsprechen weitgehend der Realität. Beziehungsweise: den Zahlen. Die Entwicklung der deutschen Sommer-Olympia-Medaillen-Bilanz seit 1992: 82, 65, 56, 49, 41, 44, 42, 37. Die Reaktion der Politik: Die Mittel für die Sportförderung wurden heuer 2024, dem Jahr der Olympischen Spiele von Paris, um rund zehn Prozent gekürzt. Sie sink

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