HOCHALPIN

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DREI LÄNDER, ETLICHE PÄSSE, UNENDLICHE TOUREN-OPTIONEN: DAS BIETET DIE REGION UM NAUDERS UND DEN RESCHENPASS. ANSTIEGE, STRECKEN & TIPPS

Fotos: Felix Saller Roadbike Holidays

Fahren – unendlich langsam – ohne richtiges Ziel, ohne anzukommen. Fahren, um wieder umzudrehen. Fahren, bis es nicht mehr weitergeht. Warum mache ich das? Das ist der Gedanke, der sich immer wieder in meinen Kopf drängt. Er hat mehr als genug Zeit dafür. Genauer gesagt: Er hat dafür 40 Kilometer, 2000 Höhenmeter – und einen Anstieg. Warum fahre ich hier? Warum muss es dieser endlose Berg sein? Der Berg ohne Optionen. Der Berg der Umkehr. Denn: Oben geht es nicht weiter. Mein Ziel ist keine Passhöhe, sondern eine Sackgasse. Ihr Ende liegt auf 2750 Meter über dem Meer – am höchsten Punkt der Kaunertaler Gletscherstraße. Seit fast einer Stunde fahre ich inzwischen schon bergauf. Bis zur Mautstation kurz hinter Feichten auf 1287 Meter Höhe steigt die Straße mit weniger als fünf Prozent im Durchschnitt größtenteils nur leicht an. Erst hier beginnt die eigentliche Panoramastraße hoch zum Gletscher. Doch steiler wird es zunächst nicht. Das ändert sich erst, als ich vor mir eine Mauer aus Natursteinen sehe. Hier wird es zum ersten Mal für längere Zeit deutlich steiler. Dies ist die Staumauer des Gepatschstausees. Insgesamt zehn Kehren führen mich auf die Krone der Mauer – und an den Stausee auf 1765 Metern Höhe. Die Straße führt westlich an dem Stausee vorbei. Ich nutze diesen flacheren Abschnitt, um mich zu erholen. Und um mich auf das vorzubereiten, was vor mir liegt. Denn der schwierigste Teil des Anstiegs beginnt erst jetzt. Noch knapp 12 Kilometer liegen vor mir – und noch rund 1000 Höhenmeter. Die durchschnittliche Steigung auf der Strecke: acht Prozent. 19 nummerierte Serpentinen trennen mich noch vom Ende der Kaunertaler Gletscherstraße. Die ersten Kehren sind extrem steil. 20 Prozent Steigung zeigt mein Radcomputer an.

Bereits nach wenigen Metern komme ich an meine Grenzen. Mit meinem 35er Kettenblatt vorne und dem 28er Ritzel hinten habe ich längst den leichtesten Gang eingelegt. Doch meine Trittfrequenz ist bei weniger als 50 Umdrehungen pro Minute. Die Landschaft um mich herum wird immer karger und felsiger, die Luft immer dünner. Ich zähle die Kehren herunter. Immer wieder muss ich mein Rad im Wiegetritt über Steilstücke wuchten, um vorwärtszukommen. Es wird immer kühler. Ab 2500 Metern Höhe liegen rechts und links der Straße die Schneereste des Winters. Jetzt, Mitte Juni, ist der Schnee nicht mehr weiß, sondern grau und schmutzig. Noch drei Kilometer. Die Aussicht ins Tal ist extrem beeindruckend. Doch ich kann sie nicht genießen. Die letzte Kehre. Ich gehe noch einmal aus dem Sattel und will beschleunigen – erfolglos. Mit fünf, sechs km/h krieche ich das letzte Steilstück hinauf – und sehe es endlich vor mir: das Ende der

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