Bruttissima Germania

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Mit dem Rennrad rauf zum Kehlsteinhaus – eine Wintererfahrung

Die Kehlsteinstraße in Berchtesgaden ist die anspruchsvollste und mit Abstand architektonisch schönste und beeindruckendste Straße in ganz Deutschland. Und für Verkehrsteilnehmer eigentlich gesperrt. Deswegen sind wir erst im Winter auf das „Eagle’s Nest“, dem einstigen Machtzentrum der Nazis, hoch gestrampelt und dabei fast erfroren.

FOTO: LYTEMOTIV/MONACOVELOCLUB GMBH
Die Kehlsteinstraße ist die architektonisch kühnste und schönste Straße Deutschlands – und eine der für Radfahrer forderndsten Hochgebirgsstraßen der gesamten Alpen.
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Wir kurbeln über rutschige Eisflächen, pflügen mit unseren dünnen Reifen durch den Schnee und bestaunen wie kleine Kinder den einzigartigen Königssee unter uns, das hochalpine Berchtesgadener Land über uns. Wir schwitzen, fluchen, bibbern und zittern an einem Tag, an dem starke Männer weinen. So schrieb der amerikanische Radprofi Andy Hampsten mal über seinen Höllenritt.

Drinnen, in der Watzmann-Therme, hätte an diesem Sonntagmorgen alles so schön sein können. Auf uns wartete eine mollig warme Solegrotte und eine brütend heiße Stollensauna. Dem Gast, so schreibt es der Ober-Bademeister aus Berchtesgaden, werde ein Schwitz-Vergnügen bei 90 Grad und ein einmaliges Ambiente mit Bergwerk-Optik geboten: alte Holzbalken, massiver Naturstein und eine Lore – das ist so ein Transportwagen – für die genüsslichen Aufgüsse.

Und was machen wir? Wir stehen oben. Oben vor der Therme mitten im Winter. Alle sind wir mehrlagig in sündhaft teuren Lycra-Klamotten wie so eine fette Kohlroulade von Oma Waltraud eingewickelt und hören Falk Nier zu. „Männer“, sagt der Mittvierziger, der sich ums Marketing fürs Profi-Team „Alpecin“ um Superstar Mathieu van der Poel kümmert. Der Niederländer gewann 2023 das prestigeträchtigste aller prestigeträchtigen Rennen: Paris–Roubaix. Dort ist es meistens nass, dreckig und arschkalt. Nass und dreckig ist es heute nicht auf dem Parkplatz der Therme. Noch nicht! Die Sonne scheint, um uns herum zeigt sich der goldene Herbst in der Gebirgsgruppe der Nördlichen Ostalpen von seiner besten Seite. Die Blätter sind knallbunt. Es ist schöner als im Sommer. Bis zu dem Moment, als Falk uns warnt. „Verausgabt euch nicht. Denn: Wer früher oben ist, muss auf die anderen warten. Und oben bedeutet: Frieren! Frieren! Frieren!“

Historisch einmalige Tour

Falk, der den „Monaco Velo Club“ mitgegründet hat, hat sich für die zwei Dutzend Cyclisten in ihren Strumpfhosen heute eine besondere und historisch einmalige Tour ausgesucht. „Eagle’s Nest“, hat er den Roadbike-Trip getauft. Denn heute fahren wir zunächst auf das Kehlsteinhaus auf 1834 Metern Höhe. An diesem wunderschönen Ort in den Berchtesgadener Alpen haben die Nazis neben Berl

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