Der beste Feind der Welt

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MEIN ROMAN

Irina will als Studienleiterin Verbesserungen in der Ausbildung von Lehrern durchsetzen. Der Staatssekretär Dr. Frank Boberg versucht, das zu verhindern. Da bleiben ausgerechnet die beiden im Fahrstuhl stecken …

Fotos: stock.adobe.com (Szene nachgestellt)

Frau Irmler!“ Staatssekretär Dr. Frank Boberg begrüßte Irina mit einem gequälten Lächeln.Auch sie war nicht sonderlich erfreut, ihn schon am Eingang des Landesministeriums zu treffen. Denn es stand mal wieder eine Sitzung an, bei der Irina um eine bessere Ausstattung für die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung würde kämpfen müssen. Sie leitete das hiesige Studienseminar. Und eigentlich hatte sie die verbleibenden fünfzehn Minuten noch einmal nutzen wollen, um ihre Argumente zu schärfen. Gerade, was diesen Dr. Boberg anging – Irina und der Staatssekretär waren selten einer Meinung. Er wollte den Lehrermangel damit bekämpfen, dass Referendare an den Schulen schon früh viel Verantwortung übernahmen.Irina hielt dagegen, weil sie befürchtete, junge Menschen auf diese Weise zu verheizen.

Plötzlich fing der Aufzug an zu ruckeln

„Ich wollte eigentlich die Treppe nehmen“, meinte sie jetzt – der Sitzungssaal lag im vierten Stock, und normalerweise ließ sie sich keine Gelegenheit entgehen, wenn es um etwas Bewegung im Alltag ging. Doch zu allem Unglück war Dr. Boberg an Krücken unterwegs. „Ein Fahrradunfall“, erklärte er. „Sie fahren Fahrrad?“, staunte sie. Dieser Typ trug ausschließlich Anzüge, niemals hätte sie gedacht, dass er auf einem Drahtesel unterwegs war. Weil sie nicht unhöflich erscheinen wollte, begleitete sie ihn zum Aufzug – dabei war die Aussicht, gemeinsam mit ihm im Fahrstuhl zu stehen, das Letzte, was sich Irina wünschte. Und sie wusste, dass auch Dr. Boberg sie für eine fürchterliche Nervensäge hielt.

„Und? Wie ist die Lage im Studienseminar?“, fragte er hölzern. Der Aufzug war gerade losgefahren. Doch noch vor dem zweiten Stock ging ein spürbares Ruckeln durch die Kabine, dann blieb der Lift stehen. Und das Licht ging aus. „Bitte nicht!“, stöhnte der Staatssekretär. „Das ist vor ein paar Wochen schon einer Kollegin passiert.“ Irina schaltete die Taschenlampe ihres Handys ein, um den Notfallknopf zu betätigen. Die Stimme, die sich über die Gegensprechanlage meldete, bat um Geduld. „Verdammt!“, murmelte Irina. Dr. Boberg seufzte. „Okay“, sagte er dann. „Wenn wir hier schon feststecken – erzählen Sie mir doch mal in Ruhe, warum Sie bei fast allem anderer Meinung sind als ich.“ Irina zögerte. War das wirklich eine gute Idee? Hier hätte sie keine weitere Unterstützung für ihre Position, es ging sozusagen Eins gegen Eins. Andererseits musste der Staatssekretär ihr

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