HINAB IN DIE LAVAHÖHLEN

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Ein Vulkan auf den Kanaren hat glühende Lavaströme durch die Erde gepresst und kilometerlange Tunnel gegraben. Jetzt wagen sich Forscher erstmals in den Untergrund. Sie hoffen auf Erkenntnisse über den Ursprung des Lebens – auf der Erde und anderen Planeten.

50 Jahre nach der letzten Eruption brach im September 2021 auf La Palma erneut ein Vulkan aus. Die Eruption dauerte 85 Tage, zerstörte fast 2800 Gebäude und vertrieb mehr als 7000 Menschen aus ihren Häusern. Im Bild sammeln Armando Salazar und Álvaro Heredia, Soldaten der spanischen Katastrophenschutzeinheit UME, in hitzeabweisenden Anzügen erste Proben.
FOTOS ARTURO RODRÍ GUEZ
Die Höhlenexperten David Sanz Mangas, Eduardo Díaz Martín und Octavio Fernández Lorenzo entnehmen einer rund 60 Grad heißen Lavaröhre Proben, anhand derer sie die Zusammensetzung der Lava analysieren. Seit Juli 2022 erforscht das Team Lavatunnel des Vulkans Tajogaite, der mit dem Ausbruch neu entstanden ist (im Hintergrund und vorige Seite).

WIR KÖNNTEN UNS AUF einem fernen Planeten befinden. So weit das Auge reicht, erstreckt sich eine zerklüftete, lebensfeindliche Oberfläche, die über und über von schwarzgrauer Asche bedeckt ist. Tatsächlich sind wir auf der Kanareninsel La Palma und überblicken aufmerksam ihre jüngsten Lavaströme.

Im Herbst 2021 hatte sich am Westhang des Höhenrückens Cumbre Vieja die Erde aufgetan und rund drei Monate lang Lava und pyroklastisches Material aus einem neuen, damals noch namenlosen Vulkan geschleudert [s. unsere Titelgeschichte im Februar 2022; d. Red.]. Im Juni 2022 erhielt der Feuerspucker den Namen Tajogaite, „rissiger Berg“.

Noch ist ein Großteil des ausgedehnten Lavafeldes Wissenschaftlern und Umweltschützern vorbehalten. Ich begleite Octavio Fernández Lorenzo, Vizepräsident des Höhlenkundler-Verbands der Kanaren. Zusammen mit Forschern des Spanischen Instituts für Geologie und Bergbau (IGME- CSIC) ist Fernández für die Erkundung und Vermessung der Hohlräume zuständig, die sich im Inneren des Lavastroms ausgebildet haben.

Wissenschaftler sprechen von Lavaröhren oder -höhlen; hier auf La Palma verwenden sie einen auf spanisch poetischer klingenden Begriff: caños de fuego, „Feuerrohre“. Fast überall auf der Erde, wo Vulkane aktiv waren oder sind, gibt es solche Feuerrohre. Geologisch gesehen entstehen sie in einem Augenblick: binnen ein, zwei Jahren, manchmal auch nur Wochen, wobei es an kaum einem anderen Ort so viele begehbare Lavaröhren gibt wie auf Hawaii. Sie können sich unter den passenden Bedingungen in Pāhoehoe-Lava – hawaiianisch für „seidig“ – bilden. Diese Lava ist dünnflüssig und kann ab einer Temperatur von meist über 985 Grad fließen.

Díaz steuert eine Drohne in einen Höhleneingang. Er hilft Fernández, eine Temperatursonde im Inneren einer Lavaröhre zu platzieren, die zwei Jahre nach

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