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TOURENBIKES FÜR SCHWERE

MYBIKE fragt Dr. Andreas Kirschner, Rahmenbauer und Materialexperte

Große Rahmenhersteller halten sich Dutzende Ingenieure, Konstrukteure und Materialexperten, gehen aber selten an die Grenzen des Materials oder dessen Bearbeitung. Falkenjagd- und Rennstahl-Gründer Kirschner tut das trotz eines deutlich kleineren Teams und geringerer Stückzahlen. Der Materialtüftler setzt auf Stahl, Titan und Handwerkskunst. Seine Rahmen gelten als lebenslang haltbar.

MYBIKE: Herr Kirschner, gleich auf den Punkt: Was macht Fahrradrahmen für diese Gewichtsklasse so besonders widerstandsfähig und steif? Material, Rohrform oder die Schweißtechniken?

Andreas Kirschner: Zunächst sollte man Steifigkeit und Stabilität, also Dauerhaltbarkeit, nicht in einen Pott werfen. Ein Rahmen gleichen Materials wird vereinfacht steifer, wenn Wandstärke oder Rohrdurchmesser steigen. Das Material wiederum hat besonders Einfluss auf die Zugfestigkeit und damit ganz besonders auf die Langlebigkeit und Bruchsicherheit. Stahl lässt sich bei gleicher Kraft zum Beispiel etwas mehr verformen als Aluminium, seine Moleküle kehren nach dem „Stretching“ aber wieder zuverlässig in die ursprüngliche Anordnung zurück. Alu tut das nicht hundertprozentig, jede harte Dehnung macht das Material ein winzig kleines Stück weicher.

Klingt, als müsse man zwischen Übeln wählen: Entweder ich habe einen unzuverlässigen Rahmen, einen bleischweren oder einen haltbaren mit unpräzisem Fahrgefühl, weil ihm Steifigkeit fehlt.

Im Prinzip ist das richtig, nur leider sehr negativ formuliert. Ja, alle Rahmenbauer unterliegen diesem „Zielkonflikt“: Der Rahmen soll möglichst leicht sein, zuverlässig und dauerhaft haltbar, er sollte in der Herstellung im gesteckten Preisrahmen bleiben und möglichst steif sein, wobei das nicht mal für alle Partien gilt. Während Steuerrohr und Tretlagerbereich maximal verwindungsstabil sein müssen, haben Sattelstützen oder -streben mit leichtem Flex auch Vorteile beim Fahrkomfort. Wir setzen zum Erreichen dieser Ziele sehr ausgewählte und am gleichen Modell je nach Position unterschiedliche Legierungen von Stahl oder Titan ein, verwenden vom Schmieden über CNC-Fräsen und 3D-Drucken sowie Ziehen der Rohre aufwendige Prozesse und Schweißen unter Argon-Schutz-Atmosphäre.

Da hake ich kurz ein. Bei den technischen Details der Testbikes fällt auf, dass manche Rahmen ein- oder mehrfach konifiziert sind. –bei Ihren Rahmen teils vierfach. Was heißt das eigentlich, und ist das ein Qualitätsindiz oder nicht?

Ja, ist es! Die Konifizierung ist eine effiziente Möglichkeit, Rahmenmaterial und damit Gewicht einzusparen, ohne den Rahmen zu schwächen. Jedes Rahmenrohr muss in seinem Verlauf Kräfte aufnehmen, an den Enden meist höhere als in der Mitte, außerdem kommt es noch auf die Kraftrichtungen an. Kurz gesagt, an manchen Stellen

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