M! GAMES
30 June 2017
E3 2017 – es geht auch emotional In gleicher Weise, wie sich unser Hobby in den letzten 10 Jahren massiv professionalisierte, haben es auch die E3-Pressekonferenzen getan. Wo in den 2000ern Moderatoren vielfach noch frei Schnauze über kommende Produkte plauderten, mehr oder weniger auswendig gelernte Reden vortrugen oder auch mal eine Live-Spielvorführung versemmelten, läuft die E3-PR-Maschine mittlerweile fehlerfrei und minutiös choreografiert. Daran ist erst einmal nichts verkehrt. Doch Textredakteure, Teleprompter und vorgefertigte Spielszenen-Trailer beziehungsweise Fake-Live-Präsentationen hinterlassen einen bitteren, kalten und sterilen Beigeschmack. Spontanität, Humor, Emotionen – Fehlanzeige! Nintendo macht eh schon seit Jahren nur noch eine vorgefertigte Video-Show (mit anschließendem, sehenswertem Live-Spielprogramm!), Microsoft und vor allem Sony näherten sich dem jetzt mit langen, unmoderierten Trailer-Passagen beängstigend an. Gerade vor Ort stellt sich dann die Frage: Warum bin ich eigentlich noch hier? Filme kann ich auch zu Hause oder im Hotelzimmer gucken! Stellt Euch ein Konzert vor, bei dem die Musiker zu Beginn eine kurze Ansprache halten und anschließend eine Best-of-Platte laufen lassen... Ziemlich uncool, oder? Doch es geht auch anders: Der Indie-Publisher Devolver Digital etwa machte sich dieses Jahr einen Spaß daraus und veralberte per Video äußerst unterhaltsam die mitunter roboterhaft wirkenden und mit Marketing-Bullshit-Sprech (unser Highlight 2017 setzte Microsoft mit dem Begriff ”Console Launch Exclusive” – ein verschleierndes Synonym für ”zeitexklusiv”) durchsetzten Pressekonferenzen – zu sehen unter youtube.com/devolverdigital. Den Preis für den sympathischsten Auftritt vergeben wir allerdings an Ubisoft. Die Franzosen zeigten mit ”Assassin’s Creed Origins”, ”Mario + Rabbids: Kingdom Battle”, ”Far Cry 5”, ”Skull and Bones”, ”The Crew 2” und ”South Park: Die Rektakuläre Zerreißprobe” nicht nur ein bärenstarkes Line-up. Nein, sie lieferten mit ”Beyond Good and Evil 2” auch einen der emotionalsten E3-Momente in der Messe-Geschichte. Das Spiel ist ein Fanliebling vom gefühlten Kaliber eines ”Shenmue” oder ”Metroid” und eine Herzensangelegenheit des Rayman-Erfinders Michel Ancel. Der enterte nach einem mit kultverdächtigen Charakteren gefüllten ”Beyond Good and Evil 2”-Rendertrailer unter tosendem Beifall die Bühne und bedankte sich mit Tränen in den Augen bei seinen Anhängern und bei Yves Guillemot, Geschäftsführer von Ubisoft, für die fortwährende Unterstützung. Schließlich wurde das Spiel bereits 2008 das erste Mal angekündigt. Es geht also auch emotional und professionell zugleich. Davon wollen wir künftig wieder mehr sehen: livehaftige Gefühle, gern mit kindlicher Begeisterung vorgetragen (Mario-Papa Shigeru Miyamoto hält hier die Fahne aktuell leider alleine hoch), gespickt mit einer Portion Selbstironie. Denn, liebe Sonys, Microsofts & Co.: Ihr entwickelt Unterhaltungsprodukte, keinen Buchhalterbedarf!
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