Wie fühlt es sich an ...…ein Workaholic zu sein?

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Carina* (33) führt ihren eigenen Blumenladen.Ihr Fokus liegt auf dem Geschäft. Doch ihre Arbeitssucht hat Folgen

* Namen von der Redaktion geändert
Fotos: Adobe stock

Mein Blumenladen floriert, und ich arbeite oft von morgens bis nachts.Und genau das ist der Grund, warum ich die beiden liebsten Menschen in meinem Leben verloren habe. Mein Mann David hat die Scheidung eingereicht. Meine Tochter Veronica (3) sieht mich an wie eine Fremde. Sie hängt an ihrem Vater und lebt seit unserer Trennung auch bei ihm.

Kein Wunder, er hat immer für sie gesorgt – während ich geschäftlich unterwegs war. Ein Workaholic. Eigentlich merkwürdig: In der Schule war ich ziemlich faul. Die Realschule schaffte ich nur mit Hängen und Würgen. Die Lehrstelle als Floristin bekam ich nur durch Zufall, nicht weil ich fleißig Bewerbungen geschrieben hatte. Doch mit dem ersten Arbeitstag veränderte sich mein Verhalten völlig. Ich war begeistert, freute mich über jedes schöne Blumenarrangement aus meiner Hand. Der Tag war fast zu kurz, um alles zu binden, was ich mir vorgestellt hatte. Selbst meine Freizeit gehörte jetzt der Arbeit, mit Messen oder Spaziergängen für Anregungen. Schnell stand fest, dass ich mein eigenes Geschäft haben wollte. Mit 24 eröffnete ich meinen Laden. Ich wollte die beste Floristin der Stadt werden. Kein Fest, keine Party sollte ohne meine Blumenarrangements auskommen. Und mit Ehrgeiz und endlosen Arbeitsstunden erreichte ich dieses Ziel auch. Heute gehören der Bürgermeister, die Bankdirektoren und alle wichtigen Geschäftsleute der Stadt zu meinen Kunden.

Meinen Freundinnen war mein fast zwanghafter Karrierewillen etwas unheimlich. „Sollen sie doch lästern“, dachte ich. „Die sind bloß eifersüchtig auf meinen Erfolg, während sie zu Hause sitzen und Kinder hüten.“ Auch meine Mutter hatte Bedenken: „Kind, du arbeitest zu viel. So findest du nie einen Freund.“ Tatsächlich spielten Männer und überhaupt private Kontakte nur noch eine untergeordnete Rolle in meinem Leben. Ich war verliebt in meine Arbeit. Sie gab mir die Anerkennung, die ich brauchte.

Dann tauchte David auf. Zuerst bemerkte ich ihn nicht, dabei kam er täglich in den Laden und kaufte immer nur eine einzelne Blume. Irgendwann wurde er mutiger, sagte zu mir: „Ich kaufe Blumen von der Frau, die ich liebe.“ Und schenkte mir eine Rose. Ein halbes Jahr später haben wir schon geheiratet. David – er ist ein Traum von einem Mann. Sieht gut aus, ist aufmerksam, liebenswürdig und geduldig. Ich hatte das ganz große Los gezogen. Aber damals wusste ich das nicht. Meine Blumen und mein Geschäft waren mir wichtiger. Und ich war davon überzeugt: „David liebt mich. Und er ist stolz auf mich, weil ich so tüchtig bin.“

Als ich schwanger wurde, dachte ich sofort an eine Abt

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