Botschaften der Liebe

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Ihr romantischer Liebesroman

Nahezu täglich findet die engagierte Deutschlehrerin KERSTIN Messmann in letzter Zeit eine langstielige ROSE in ihrem Arbeitsfach in der Schule vor. Sollte sie etwa einen HEIMLICHEN VEREHRER haben ...?

Wer von Ihnen kann mir denn die genauen Lebensdaten von Clemens Brentano nennen?“, fragte Kerstin. Dabei wusste sie schon, wessen Finger gleich als Erster – und wohl Einziger – in die Höhe schnellen würde.

Sie hatte Recht. Natürlich hatte sie mal wieder Recht.

„Ja, Robert?“

„Also Clemens Brentano lebte von 1778 bis 1842, Frau Dr. Messmann.“ „Sehr gut“, lobte sie ihn und war froh, dass sie ihre dunkelblonden Haare heute mal nicht hochgesteckt, sondern offen gelassen hatte, so dass sie die Ohren verdeckten. Denn die liefen bei ihr in solchen Momenten immer mal wieder rot an.

Genau wie heute Morgen, als sie in ihrem Fach vor dem Lehrerzimmer die tiefrote Baccararose entdeckt hatte. Es war bereits die dritte in Folge. Nur diesmal baumelte daran, mit blassblauem Seidenbändchen befestigt, noch ein zusammengefaltetes Din-A-4-Blatt. Darauf gedruckt, ein Liebesgedicht von Brentano: „Der Spinnerin Nachtlied“. Kerstin ahnte sofort, wer der anonyme Verehrer der Zei len sein musste. Und nachdem Robert nun im Unterricht noch ungefragt betonte, wie sehr ihn das Gedicht dieses großen Literaten anrühre, wurde dieser Verdacht zur eindeutigen Gewissheit.

Die Pausenklingel schri l lte, da saß Robert immer noch lächelnd auf seinem Platz. Kerstin lobte ihn für seinen Fleiß und war zum ersten Mal schneller aus dem Raum geeilt als der Rest ihrer Klasse. Nein, Robert, nein, das ging nicht, das konnte er nicht tun, er konnte sich doch nicht in sie verliebt haben! Das musste sie unterbinden, bevor er sich lächerlich machte und Hoffnungen in ihm wuchsen, die doch nie erfül lt werden könnten.

„Na, immer noch Brentano? Der hat es in sich, was?“, fragte sie ihr Mann am Nachmittag über die Schulter, während sich Kerstin daheim für die nächste Stunde vorbereitete. Ohne eine Antwort abzuwarten drückte er seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verließ das Haus für seinen Abendkurs. Es tat ihr weh, denn auch in der Schule, in der sie beide unterrichteten, begegneten sie sich ja meist nur noch auf hal bem Weg von einer Klasse zum nächsten. Und nun musste sich Helmut auch noch diesen Förderkurs ans Bein binden! Ob es wohl anders wäre, wenn er von i hrem Rosenkavalier wüsste? Das fragte sich Kerstin am nächsten Freitagmorgen auf dem Weg ins Lehrerzimmer und wol lte sich schon an dem Gedanken erheitern. Aber da fand sie die nächste Rose in ihrem Fach: tiefrot mit blassblauem Band darum. Daran baumelte eine Eintrittskarte für die Oper „Tosca“!

Jetzt reichte es.