Ein Netz aus Lügen

19 min lesen

Der große abgeschlossene

Zum Herausnehmen

Jede Woche 8 Seiten EXTRA

Melanie und Philipp wollen bald heiraten. Weil Phils siebenjährige Tochter in ihrem Zuhause bleiben soll, zieht Melanie zu ihnen. Doch beim Einräumen ihrer Sachen findet sie auf dem Dachboden neun Zeitungsausschnitte über die Entführung ihrer eigenen Tochter, die vor sieben Jahren aus ihrem Kinderwagen verschwand – und ein ungeheuerlicher Verdacht drängt sich ihr auf…

Fotos: Shutterstock (12)

Philipp zog Melanie in seine Arme und küsste sie zärtlich. „Und ich kann dich wirklich mit diesem Chaos hier allein lassen?“, fragte er. Sein Blick glitt über die Menge von Umzugskartons und Kisten, die sich im Wohnzimmer, in der Küche, auf dem Flur stapelten.

„Na klar, Liebster. Du wärst mir beim Auspacken doch nur im Weg“, antwortete sie. „Und Emily freut sich schon so auf ihre Großeltern. Also fahrt endlich und genießt das Wochenende!“

Wie aufs Stichwort kam Emily hereingefegt. „Mami, hast du das Bild gesehen, das ich für Omi und Opi gemalt habe? Ich suche es überall, aber es ist weg.“

„Das haben wir doch in dein Buch vom Igelmarathon gelegt, damit es nicht verknittert.“

„Stimmt, hab ich ganz vergessen.“ Emily umarmte Melanies Beine. „Ich hab dich lieb, Mami.“

„Ich dich auch, mein Mäuschen.“ Melanie ging in die Knie und küsste die Siebenjährige liebevoll. „Hab viel Spaß bei deinen Großeltern. Und sag ihnen ganz herzliche Grüße von mir.“

„Spaß hab ich bestimmt! Opi fährt mit mir auf die Cartbahn!“

Philipp und Melanie tauschten Blicke. Leider hatte Philipps Vater oft sehr wagemutige Ideen, was Ausflüge mit dem Kind betraf.

„Wir telefonieren heute Abend“, sagte Philipp mit einem warmen Lächeln. Er nahm Emily an der Hand und ging mit ihr zum Auto.

Melanie winkte den beiden nach, bis sie aus ihrem Blickfeld verschwunden waren. Das Lächeln, das ihr das Kind ins Gesicht ge zaubert hatte, wirkte noch nach, als sie hinüber in die Küche ging und sich eine Tasse Kaffee eingoss.

Dass Emily seit einigen Monaten Mami zu ihr sagte, öffnete ihr immer wieder aufs Neue das Herz. Es machte sie glücklich, zugleich aber auch tieftraurig, denn es erinnerte sie daran, dass sie eine eigene Tochter im gleichen Alter hatte, die ebenfalls Mami zu ihr sagen würde, wäre sie bei ihr – Laura, die vor sieben Jahren aus ihrem Kinderwagen verschwand.

Entführt, wie es in den Akten der Polizei stand. Geraubt, wie sie es selbst nannte. Man hatte ihr ihre Tochter geraubt und ihr damit das Herz aus der Brust gerissen.

Ihre Ehe mit Markus war an den Schuldzuweisungen zerbrochen. Warum hast du nicht besser aufgepasst? Wie konntest du telefonieren und unser Kind aus den Augen lassen? Konzentriert auf ein Gespräch mit deiner Mutter,