Die Liebe öffnet ihre Tür

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Liebesroman zum Träumen

Auf der Route von Postbotin Inge liegt seit Kurzem ein protziger Neubau. Als sie dort ein Einschreiben abliefern muss, trifft sie auf einen Mann, der ganz anders ist, als sie sich die Bewohner dort vorgestellt hat …

Heute gab es zum Glück nicht so viele Prospekte zu verteilen. Inge würde sie manchmal am liebsten direkt ins Altpapier werfen, weil sie so viel zusätzliches Gewicht verursachten, das sie dann auf ihrem E-Bike zu transportieren hatte. Doch obwohl ihr Job als Briefträgerin über die Jahre immer anstrengender geworden war, mochte sie ihn noch immer.

Das frühe Aufstehen machte ihr nichts aus, und sie war gern bei Wind und Wetter unterwegs. Ihre Route absolvierte sie schon seit zwanzig Jahren, sie hatte Kinder groß werden sehen und begegnete täglich Menschen, die sie kannten. Ihre Kollegen nannten sie „die Unverwüstliche“, denn Inge war mittlerweile eine der Ältesten. Mit Mitte Fünfzig waren viele andere Zusteller bereits in Frühpension …

Inge mochte auch das Wohngebiet, für das sie zuständig war: Schöne Einfamilienhäuser mit großen Gärten, dazwischen auch ein paar alte Villen. Sie selbst lebte seit dem Tod ihres Mannes in einer kleinen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Aber es machte ihr Spaß, sich ein anderes Leben auf viel mehr Platz vorzustellen. Und die Leute hier waren auch nie überheblich ihr gegenüber. Auf einem Grundstück, das ewig brachgelegen hatte, war im letzten Jahr ein Neubau entstanden. Inge fand das Haus protzig und überdimensioniert, und die hohen Mauern, die es umgaben, machten das Ganze nicht sympathischer. Seit Januar gab es auch ein Namenschild an der Klingel: Boskamp stand dort. Aber Inge hatte die Bewohner des Hauses noch nie zu Gesicht bekommen. Jetzt hielt sie allerdings ein Einschreiben in der Hand, das persönlich übergeben werden musste. Also drückte sie die Klingel …

Inge hatte so ein Haus noch nie gesehen

Foto: stock.adobe.com (Szene nachgestellt)

„Ja?“, fragte es durch die Gegensprechanlage. „Ein Einschreiben für Sie“, erwiderte Inge. Der Summer ertönte und sie drückte das Gartentor auf.

Rechts hinter dem Haus konnte sie einen Pool erkennen. Es überstieg ihre Vorstellungskraft, ein eigenes Schwimmbad zu Hause zu haben. Was für Leute hier wohl wohnten? Ein Mann in ihrem Alter öffnete die Haustür und begrüßte sie freundlich. Er wirkte nett und so „normal“, dass Inge sich wunderte. Diese Umgebung passte doch gar nicht zu so jemandem! „Sind Sie Walter Boskamp?“, fragte sie. „Das ist mein Sohn“, antwortete der Mann. „Ich kann das Einschreiben aber gern für ihn annehmen. Er kommt übermorgen für einen Tag her.“ Inge runzelte die Stirn. „Wohnt er denn gar nicht hier?“ Boskamp senior seufzte. „Fragen Sie mich nicht, was mit dem Jungen los ist“, meinte er dann. „Er hat ein Unternehmen gegründet, irgendwas mit