Wer braucht schon einen Adelstitel?

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Ein Tierarzt, der seine adelige Herkunft verschweigt, und eine sehr standesbewusste Komtess als neue Direktorin, die den gemütlichen Privatzoo „Heidesafari“ in einen schicken Erlebnispark umwandeln will. Dazu eine Menge wilder Tiere – da geht es auf einmal drunter und drüber …

Fotos: Shutterstock (12)

Auf dem Weg zu seiner tierärztlichen Ambulanz traf Dr. Christian Hohenzell auf eine frühe Besucherin. „Guten Morgen“, grüßte er und fühlte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte.

Die junge Frau war zierlich und besaß eine ganz eigene, zarte Schönheit. Sie wirkte auf ihn wie die Elfenkönigin aus dem Märchen. Ihr Lächeln bezauberte ihn als sie seinen Gruß erwiderte.

Moment mal! Elfenkönigin? Märchen? War er mal eben übergeschnappt? Und was hatte dieses Wesen hier zu suchen? Der Zoo öffnete erst in zwei Stunden.

Er stellte sich ihr in den Weg und hoffte insgeheim, sie würde in ihn hineinlaufen. Dann hätte er feststellen können, ob sie aus Fleisch und Blut war. „Wer sind Sie und was tun Sie hier?“ Er hörte sich nicht halb so streng an, wie er es sich gewünscht hätte.

„Das Gleiche könnte ich Sie fragen!“ Die Märchengestalt verwandelte sich plötzlich in eine kämpferische junge Frau, die ihn mit ihren Blicken durchbohrte.

„Was erlauben Sie sich!“, gab er verärgert zurück. „Ich schlage vor, Sie verschwinden jetzt ganz schnell, bevor ich Sie rauswerfe oder den Sicherheitsdienst rufe.“

„Das möchte ich sehen!“ Sie verschränkte die Arme und blinzelte ihn streitlustig an. Leider gelang es ihm auch jetzt nicht, wirklich böse zu werden. Er fand sie nämlich immer noch bezaubernd.

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In diesem Moment trat Karl Tannen aus seinem Büro. Mit vollem Namen hieß er Karl Gustav Theodor Graf von Tannen, aber so ließ er sich von niemandem nennen.

Als er damals Christian als Tierarzt für seinen Privatzoo „Heidesafari“ einstellte, hatte er ihm gleich erklärt, er lege überhaupt keinen Wert auf seinen Adelstitel.

Christian hatte gegrinst und sorgsam für sich behalten, dass er selbst ein geborener Fürst zu Hohenzell-Wettsayn war. Schon im Studium war ihm seine Zugehörigkeit zum Hochadel so peinlich gewesen, dass er den Titel abgelegt und den Doppelnamen gekürzt hatte. So kam es, dass der Zoodirektor und der Tierarzt sich bestens verstanden. Beiden waren aristokratische Allüren völlig fremd.

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„Mein lieber Christian, wie ich sehe, haben Sie meine Tochter schon kennen gelernt. Sophia, das ist Dr. Hohenzell, unser Tierarzt.“

„Sophia Komtess von Tannen“, berichtigte sie ihren Vater und hob das Kinn. Christian tauschte einen Blick mit seinem Chef, aber dieser zuckte nur mit den Schultern.

Endlich ließ sich die Komtess dazu herab, Christian die Hand zu reichen. Er nahm sie und erkannte augenb

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