Gute Noten für die Liebe

4 min lesen

Liebesroman der Woche

Nahezu täglich findet die Deutschlehrerin Kerstin Messmann in letzter Zeit eine L ANGSTIELIGE ROSE IN ihrem Arbeitsfach in der Schule vor. Sollte sie etwa einen heimlichen VEREHRER haben ...?

Wer von Ihnen kann mir denn nochmal die genauen Lebensdaten Clemens Brentanos nennen?“, fragte Kerstin. Sie wusste, wessen Finger gleich als Erster – und vermutlich Einziger – in die Höhe schnellen würde.

Sie hatte Recht. Natürlich hatte sie mal wieder Recht. „Ja, Robert?“

„Clemens Brentano lebte von 1778 bis 1842, Frau Dr. Messmann.“

„Sehr gut“, lobte sie ihn und war froh, dass sie ihre braunen Haare heute mal nicht hochgesteckt, sondern offen gelassen hatte, so dass sie die Ohren verdeckten, die bestimmt längst rot angelaufen waren.

Genau wie heute Morgen, als sie in ihrem Fach vor dem Lehrerzimmer die tiefrote Baccararose entdeckt hatte. Es war bereits die dritte in Folge. Nur diesmal baumelte daran, mit blassblauem Seidenbändchen befestigt, noch ein zusammengefaltetes Din-A-4-Blatt. Darauf gedruckt, ein Liebesgedicht von Brentano: „Der Spinnerin Nachtlied“. Kerstin schwante sofort, wer der anonyme Verehrer sein musste.

Nein, das ging nicht. Er konnte sich doch nicht in sie verliebt haben!

Und nachdem Robert nun im Unterricht noch ungefragt betonte, wie sehr ihn besonders das Gedicht dieses großen Literaten anrühre, erhärtete sich dieser Verdacht in ihr zur eindeutigen Gewissheit.

Die Pausenklingel schrillte, da saß Robert immer noch lächelnd auf seinem Platz. Kerstin lobte ihn zerstreut für seinen Fleiß und war zum ersten Mal schneller aus dem Raum geeilt als der Rest ihrer Klasse. Nein, Robert, nein, das ging nicht, das konnte er nicht tun, er konnte sich doch nicht in sie verliebt haben! Das musste sie unterbinden, bevor er sich lächerlich machte und Hoffnungen in ihm wuchsen, die doch nie erfüllt werden könnten.

„Na, immer noch Brentano?“, fragte sie ihr Mann am Nachmittag über die Schulter, während sich Kerstin daheim für die nächste Stunde vorbereitete. Ohne eine Antwort abzuwarten drückte er seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verließ das Haus für seinen Abendkurs. Es tat ihr weh, denn auch in der Schule, in der sie beide unterrichteten, begegneten sie sich ja meistens nur noch auf halbem Weg von einem Klassenraum zum nächsten. Und nun musste sich Helmut auch noch diesen Förderkurs ans Bein binden!

Ob es wohl anders wäre, wenn er von ihrem Rosenkavalier wüsste? Das fragte sich Kerstin am nächsten Freitagmorgen auf dem Weg ins Lehrerzimmer und wollte sich schon an dem Gedanken erheitern. Aber da fand sie auch schon die nächste Rose in ihrem Fach: lang, tiefrot, blassblaues Band darum. Und an diesem baumelte eine Eintrittskarte für die Oper ‚Tosca‘!

Jetzt reichte es. Mit erhitzten Wangen betra