BERG WEH

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STADT, BERGE, PÄSSE, RUHE, NATUR: ZWISCHEN DOLOMITEN UND GROSSGLOCKNER BIETET DIE REGION OSTTIROL RENNRAD-FAHRERN ALL DAS. UND NOCH SO VIEL MEHR.

RENNRAD REISE OSTTIROL
Fotos: Jürgen Amann

Ich sehe das grüne Schild vor mir. 100 Meter trennen mich noch davon. Ich gehe aus dem Sattel, ziehe am Lenker und beschleunige. Ein letzter Sprint bis nach oben. Ich bin allein, unterwegs auf der Straße hinauf zum Kartitscher Sattel, der mit knapp 1530 Metern der höchste Punkt meiner heutigen Runde ist. Oben, am Scheitelpunkt – nach 41 Kilometern und 1250 Höhenmetern bergauf – höre ich auf zu treten. Und lasse es einfach rollen. Aus Anspannung wird Entspannung – in einem einzigen Moment. Ich blicke mich um und sehe: ein 360-Grad-Panorma-Blick auf die Berge um mich herum. Grau und grün überall, Felsen und Gras. Darüber: das Blau des Himmels, mit wenigen weißen Tupfern. Es ist warm, 23, 24 Grad – ideales Radfahrwetter. Neben mir und der Straße: Das schönste Grün des Jahres. Saftige Wiesen mit gelben und blauen Farbnuancen. Die Landschaft um mich herum ist fast schon kitschig schön. Ich bin in einer Region, die als Rennrad-Destination teils fast noch ein Geheimtipp ist: Osttirol.

Rad-Klassiker

Der Bezirk Lienz ist, von der Fläche her, der größte Tirols und der fünftgrößte Österreichs. Osttirol ist durch einen kleinen „Streifen“ Land – Südtiroler und Salzburger Gebiet – von Nordtirol getrennt. Italien ist nahe – hier ist der Übergang zwischen den Karnischen Alpen und den Lienzer Dolomiten. Hier findet man alpine und mediterrane Einflüsse und Atmosphären, eine Verbindung von Tiroler Flair und Dolce Vita. Wiesenhänge und Bergwälder. Täler und Berge. Natur und Sport. Plus: ein anspruchsvolles vielfältiges Trainingsrevier mit Ebenen, Hügeln und langen Anstiegen.

Meine Radtour beginnt in der Bezirkshauptstadt Lienz. Hier startet auch die bekannte „Dolomitenradrundfahrt“, der älteste Radmarathon Österreichs – ein echter Klassiker. Die Daten: 112 Kilometer und 1870 Höhenmeter. Die Strecke führt von Lienz aus zunächst talabwärts in Richtung Oberdrauburg. Mein Tritt ist noch unrund und die Beine sind schwer. Die ersten 20 Kilometer bis Oberdrauburg fühlen sich zäh an. Sie sind die Ouvertüre für das, was kommt: Berge und Höhenmeter, Natur und Einsamkeit. Der erste Anstieg wartet kurz darauf. Er ist ideal, um sich warmzufahren: Die Steigungsprozente sind moderat. Die Bergstraße über den Gailberg-Sattel verbindet das Drautal mit den Gailtaler Alpen. Es ist die Verbindung in eine andere Welt: weg vom dichten Verkehr und hinein in die Gebirgswelt. Ich suche meinen Rhythmus und habe ihn schnell gefunden. Die sieben Kilometer und zehn Kehren bis zur Passhöhe haben eine Durchschnittssteigung von fünf Prozent. Es ist das, was man im Radsport-Jargon als „Rollerberg“ bezeichnet. Erst kurz vor der Passhöhe werden die Steig

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