Die Freuden der Ferne

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Fünf Arten, auf die Reisen unser Wohlbefinden hebt

Reisen ist immer ein Aufbruch ins Außeralltägliche. Wenn jemand den Zug zur Arbeit nimmt, sagen wir gewöhnlich nicht, sie oder er habe „eine Reise angetreten“ (obwohl es bei der Deutschen Bahn bisweilen darauf hinausläuft). Vor einer Urlaubsreise steht eine Phase der Erwartung und Vorfreude. Wir erhoffen uns, „all dem“ für eine Weile zu entkommen – der Hektik, den Anforderungen und Pflichten. Wir setzen darauf, dass die Luftveränderung, die neue Umgebung, der Ausbruch aus der Routine uns beleben werden. Werden Reisen diesen Erwartungen gerecht? In mancherlei Hinsicht schon. Andrew Stevenson, Psychologiedozent an der Manchester Metropolitan University, zählt in seinem Buch The Psychology of Travel fünf Mechanismen auf, wie Urlaubsfahrten unserer Psyche guttun.

1 Freude Während einer Urlaubsreise sind wir überwiegend glücklicher und zufriedener als zu Hause, das wurde in zahlreichen Untersuchungen bestätigt. Im Idealfall bietet ein Urlaub beide Arten von Wohlbefinden, die die positive Psychologie unterscheidet: die hedonistische Freude und eudämonisches Wohlgefühl. Wer im Urlaub die hedonistische Sorte von Glück sucht, also Spaß und Abhängen, wählt in der Regel eine Reise ohne große Ortsveränderungen, sobald man erst einmal „da“ ist. Man bleibt im All-inclusive-Hotel, in der Pension, in der Ferienwohnung mit den Kindern. Man geht am Strand spazieren, isst und trinkt gut und bisweilen – was soll’s, wir sind im Urlaub! – mehr als empfohlen. „Viele Menschen sehen Reisen als eine wohlverdiente Pause von der Selbstverbesserung“, schreibt Stevenson, „eine selteneGelegenheit, passivseinzudürfen.“ Hedonistisches Urlauben muss aber nicht bewegungsarm sein. Skifahren, Beachvolleyball, einen Gebirgspfad erklimmen – auch das ist Spaßhaben.

Illustration: Till Hafenbrak

2 Erfüllung Das eudämonisch motivierte Reisen zielt auf Erfüllung und Sinnempfinden. Es ist oft mit mehr Ortswechseln und Ausflügen verbunden als hedonistisches Urlauben. Vor allem aber unterscheidet sich der innere Aggregatzustand: Eudämonisch ReisendewerdenvonNeugierundLernlust getrieben. Sie halten Ausschau nach Anregung, neuen Eindrücken und Sinneserlebnissen, bereichernden und bildenden Erfahrungen, neuen Blickwinkeln und Einsichten. Sie suchen und finden diese Horizonterweiterung in der unbekannten Landschaft, der fremden Kultur, auf Entdeckungspfaden, in Museen und Theatern, beim Sightseeing, auf einem Basar. Sie beschäftigen sich mit der anderen Sprache, den Gepflogenheiten der Leute. Unvertrautes aller Art könne auf eudämonische Weise aufregend sein, so Stevenson, „sogar wenn wir uns einem ungewohnten Transportsystem anvertrauen“, etwa einem schwerfälligen Zug voller lärmender Menschen oder einem Esel, der uns den Hang hinaufträgt. Eudämonisches Reisen stärkt das Int

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