Was das Weltall auseinandertreibt

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KOSMOLOGIE

Seit ihrer Entdeckung vor einem Vier teljahrhunder t ist der Ursprung der Dunklen Energie unverminder t rätselhaft. Neue Teleskope und Theorien sollen Erkenntnisse dazu bringen, warum sich der Kosmos immer schneller ausdehnt.

PAOLO / STOCK.ADOBE.COM (ERSTELLT MIT KI)
Richard Panek ist Wissenschaftsautor in New York und schreibt insbesondere über Themen aus der Kosmologie.

An einem Nachmittag zu Beginn des Jahres 1994 kamen im Computerraum eines Observatoriums in der chilenischen Küstenstadt La Serena zwei Astronomen ins Gespräch. Nicholas Suntzeff vom Cerro Tololo Inter-American Observatory und Brian Schmidt, der gerade seine Doktorarbeit am Center for Astrophysics des Smithsonian Astrophysical Observatory und des Harvard College Observatory abgeschlossen hatte, waren Spezialisten für Supernovae – explodierende Sterne. Suntzeff und Schmidt beschlossen, mit Hilfe ihrer Expertise endlich eine der grundlegenden Fragen der Kosmologie zu beantworten: Was ist das Schicksal des Universums?

In einem Weltall voller Materie, die sich gravitativ anzieht, müsste die Expansion des Raums –die mit dem Urknall begonnen hat – irgendwann gebremst werden. Aber um wie viel? Würde die Verlangsamung gerade ausreichen, um den Kosmos schließlich zum Stillstand zu bringen? Oder würde sich die Ausdehnung irgendwann sogar umkehren und die Entwicklung seit dem Urknall gewissermaßen wieder rückwärts ablaufen?

Suntzeff und Schmidt schnappten sich das nächstbeste Blatt Papier und schmiedeten einen Plan. Sie notierten die nötigen Teleskope, die zu rekrutierenden Kollegen und die zu delegierenden Aufgaben.

Währenddessen, etwa 9600 Kilometer weiter die Pazifikküste hinauf, hatte eine Arbeitsgruppe am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien unter der Leitung von Saul Perlmutterdas gleiche Ziel. Auch sie verfolgten einen Ansatz, der sich auf Supernovae stützte. Suntzeff und Schmidt wussten von Perlmutters Supernova Cosmology Project (SCP). Aber ihnen war ebenso klar, dass dessen Team hauptsächlich aus Physikern bestand, die sich viele astronomische Techniken erst noch im Schnellverfahren selbst beibringen mussten. Schmidt und Suntzeff hofften mit ihrer Routine den Rückstand aufzuholen.

Das gelang ihnen gerade noch rechtzeitig. 1998 kamen die beiden rivalisierenden Teams unabhängig voneinander zu demselben völlig überraschenden Ergebnis: Die Ausdehnung des Universums verlangsamt sich nicht etwa. Sie läuft beschleunigt ab!

Die Ursache für diesen Effekt heißt seither Dunkle Energie. Die Bezeichnung ist gleichermaßen nichts sagend wie allumfassend, und sie klingt fast wie ein Witz – einer, der auf unsere Kosten geht. Denn es scheint, als würde die Dunkle Energie sogar zwei Drittel der gesamten Masse und Energie im Universum ausmachen. Unterdessen blieb all die Jahre völlig rätselhaf

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