„Essen ist Lebenslust“

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Deutschlands einzige Zwei-Sterne-Köchin Douce Steiner hat auch ihrer Tochter Justine das Genießen beigebracht

FOTOS: Jeanette Petri ––– PROTOKOLLE: Susanne Schäfer

Familienbande

In ihrer Küche wird nicht mit Pfannen geworfen:
Sterne-Köchin Douce Steiner und Tochter Justine.

Douce Steiner, 52

Justine hat schon früh einen feinen Geschmack entwickelt. Ganz spielerisch, ohne Verbote, ohne Zwang haben mein Mann und ich unserer Tochter die Liebe zum Essen vermittelt. Heute kann sie, genau wie ich, im Kopf schmecken.

Oft gehe ich hinaus in die Natur, beim Joggen werfe ich dann mein Geschmackskino an. Für eine Vorspeise hatte ich mal japanisches Wagyu Beef, Ochsenschwanzessenz und Jakobsmuschel im Kopf, aber es fehlte der Kick. Ich lief durchs Grüne und sinnierte über Zutaten wie Limonen-Tee, Berberitzen und Spitzkraut. Später, beim Probieren, merkten wir, das Spitzkraut zerstört den Geschmack, wir ließen es weg. Wow, plötzlich schmeckte man jedes Produkt für sich, und trotzdem passte alles zusammen. So entstehen viele unserer Gerichte, auch Justine bringt gute Ideen ein. Sie arbeitet als Köchin bei uns im „Hirschen“; ob sie das Restaurant später übernimmt, weiß ich nicht. Wichtig ist meinem Mann und mir, dass sie etwas findet, was sie glücklich macht. Wenn sie mal nicht durch die Welt reist, was sie sehr gerne tut, sehen wir drei uns quasi rund um die Uhr. Es ist ein echtes Phänomen, auch wenn wir uns ständig sehen, gehen wir uns nicht auf den Keks. In der Familie geht es immer ums Essen, wir leben das, was wir tun. Wir arbeiten viel und hart, können aber auch genießen. Schon beim gemeinsamen Frühstück überlege ich, was wir abends essen könnten. Oft machen wir Pizza, Schnitzel mit Kartoffelsalat oder Poularde in der Brühe mit Basmatireis und Wurzelgemüse. Wir kochen alles frisch, es gibt keine Fertigprodukte oder künstliche Aromen. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern Lebenslust. Ein schön gedeckter Tisch, gute Gespräche, die Ruhe, die Behaglichkeit, der Duft und Geschmack der Speisen, das Lachen und entspannte Genießen verbinden sich zu einem sinnlichen Erlebnis, das uns rundum glücklich macht.

Justine Steiner, 24, die Tochter

Es gibt Spitzenköche, die ihre Mitarbeiter zusammenbrüllen oder mit Pfannen werfen. In so einer Küche könnte ich nicht arbeiten, ich würde direkt meine Sachen packen und gehen. Wer Qualität bieten will, kann nicht mit Angst führen. Kochen ist ein kreativer, sinnlicher Prozess, bei dem man Ruhe braucht. In unserer Restaurantküche

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