Die gute Seele im Bully

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Reportage

Ihre Mission: anderen helfen

Seit zehn Jahren gibt die Hamburgerin Julia Radojkovic (60) ihr Herzblut für Menschen in Armut. Früher aus ihrem alten VW-Bus, heute auch fest vor Ort

Das Bullyteam fährt täglich zu den Menschen, die abseits leben und auf Unterstützung angewiesen sind
Fotos: Gunnar Geller

Wenn Julia Radojkovic durch St. Pauli läuft, gibt es fast niemanden, der sie nicht erkennt. Anwohner und Menschen ohne Obdach grüßen die 60-Jährige, die stets für einen kurzen Plausch zu haben ist. An ihrer Art, wie sie mit und über andere spricht, merkt man, dass ihr das Wohlergehen ihrer Mitmenschen sehr am Herzen liegt. Als Vorsitzende des Vereins „Mobile Bullysuppenküche“, einer Hilfsinitiative für Menschen ohne Obdach, hat sie sich genau den Arbeitsplatz geschaffen, der sie erfüllt.

Die Idee zur mobilen Suppenküche kam der Hamburgerin vor zehn Jahren. Die gelernte Sozialarbeiterin war damals selbst arbeitslos und auf Krankengeld angewiesen. In ihrem alten Job hatte sie wenig Wertschätzung erfahren, weshalb sie beschloss, diesen nicht mehr zu machen. „Dazu kam, dass ich alleinerziehend war und einen jugendlichen Sohn hatte. Das war einfach eine unfassbar harte Zeit für mich.“

In dieser Zeit fuhr sie oft mit ihrem Fahrrad durch Hamburg – auf der Suche nach einer neuen Aufgabe, nach etwas, das ihr wieder einen Sinn gibt. Dabei fielen ihr die vielen Obdachlosen auf: „Ich hatte zu dem Zeitpunkt selbst wenig Geld, doch ich bin selbstverständlich damit aufgewachsen, dass Essen als Zentrum des Lebens in einer Gemeinschaft immer da ist.“ Für Julia stand fest: Sie wollte diesen Menschen helfen, die noch viel weniger als sie selbst hatten.

Und sie hatte eine Idee: „Warum fahre ich nicht mit meinem VW-Bus durch die Stadt und verteile Essen an diese Menschen?“ Gesagt, getan. Kurzerhand stattete sie ihre 32 Jahre alte „Bullylady“ mit Kessel, Kellen und Dosensuppen aus – und hielt bei den Menschen ohne Obdach an: „Moin, hast du Hunger, willst du was haben?“ Es war diese einfa-che Frage, die tagein, tagaus sehr viel Anklang fand.

Mit der Zeit fanden sich ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die Julia bei ihrer Arbeit unterstützten. Und nach neun Jahren zog die Suppenküche aus dem namensgebenden Bully-Bus heraus und in feste Räumlichkeiten mitten im Herzen von St. Pauli ein. Wo sich einst ein Restaurant befand, gibt es heute eine gemütliche Gaststätte. Die Räume sind lichtdurchflutet, Topfpflanzen sorgen für etwas Grün, es gibt bequeme Sessel. „Ich wollte einen großen Tisch haben, einen gemeinschaftlichen Ort schaffen, an dem die Menschen sich wohlfühlen können.“

Aus dem Eine-Frau-Unternehmen wurde ein Verein

Seit 2017 ist die „Mobile Bullysuppenküche“ ein eingetrage

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