„Ich kann nicht anders”

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So schön es ist: Manchmal ist Lachen unkontrollierbar und Fehl am Platz, weiß -Autorin Marie Mayer

Maries Woche
Fotos: Imago (3), Adobe Stock

Eine meiner miesesten Charakterzüge ist Schadenfreude. Ich kann mich einfach nicht beherrschen, wenn irgendwem irgendwo eine Panne passiert. Ich dachte, diese unschöne Eigenschaft würde sich mit dem Alter auswachsen, so wie Pubertäts-Akne. Hat bei mir aber nicht geklappt. Ungewollte Slapstick-Einlagen oder überraschende Missgeschicke lösen bei mir reflexartig Lachkrämpfe aus. War schon früher so. Das Einzige, was im Laufe der Jahre besser geworden ist, ist meine Fähigkeit, sie als Hustenanfall zu tarnen oder so zu tun, als wäre mir was ins Auge geflogen.

Neulich auf dem Friedhof zum Beispiel. Ich war auf der Beerdigung einer ehemaligen Nachbarin. Wir stehen am offenen Grab, es regnet und stürmt, die Pastorin sagt „Gott steht mir bei, ich wanke nicht“, als eine kräftige Böe die ganze Gesellschaft durcheinander wirbelt. Hüte fliegen, Blumenkränze rollen davon, viele Ältere müssen sich aneinander festhalten, um nicht umgeweht zu werden. Niemand lacht, bloß ich starre auf meine Fußspitzen und hoffe, dass keiner sieht, wie ich vor unterdrücktem Lachen bebe. „Meine böse Seite“ nennt mein Mann das und schämt sich für mich. Wenn er nicht gerade mitlachen muss. Über die wahnsinnig aufgetakelte Frau am Flughafen zum Beispiel, die unentwegt in ihr Handy quatscht und dabei schwungvoll gegen eine Glasscheibe rennt. Das ist überhaupt nicht nett und gibt jede Menge schlechter Karma-Punkte. Und natürlich ist mir auch klar, dass ich ein schlechtes Vorbild bin.

Das Schicks

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