Erben ohne Streit

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Woraus Konflikte entstehen und wie wir damit umgehen können, sagt uns Psychologin Gabrielle Rütschi

Selten entsteht ein Erbstreit aus dem Nichts. Meistens geht es um alte Konflikte, die durch einen Nachlass wieder hochgekocht werden. Die Psychologin Gabrielle Rütschi hat in ihrer Praxis zahlreiche solcher dramatischen Familiengeschichten gehört und sie in dem Buch „Erben: Büchse der Pandora“ (siehe Buchtipp) zusammengetragen. Wie unser Erbe nicht zu einem Problemfall oder gar zu einer zerstörten Familie führt, erzählt sie im folgenden Interview. Denn sie weiß, wie wir es als Erben oder Erblasser besser machen können.

Frau Rütschi, die dramatischen Geschichten rund ums Erben in Ihrem Buch haben Ihnen Ihre Klienten erzählt?

Ja, es war aber meistens nicht das Erben an sich, warum die Leute meine Hilfe gesucht haben. Sie kamen mit anderen familiären Problemen in meine Praxis. Doch nicht selten spielten ihre persönliche Familiengeschichte und damit verbundene Erbfälle eine große Rolle.

Sie steigen mit dem Zitat „Bei der Wahl seiner Eltern kann man nicht vorsichtig genug sein“ von Paul Watzlawick ein. Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass nicht die Erben die „Schuldigen“ bei Erbstreitigkeiten sind, sondern eher die Erblasser, also die Eltern?

Viele Eltern verdrängen und regeln ihren Nachlass nicht oder nur halbherzig. Ich rate dazu, dass wir uns alle mit dem schwierigen Thema Tod und mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen. Und wir sollten uns, solange wir noch können, mit unseren Kindern bzw. Erben zusammensetzen. Das kann unangenehm werden.

Denn nicht selten werden Themen angesprochen, die beim einen oder anderen unschöne Gefühle wie Eifersucht oder Missgunst auslösen. Beispiel: Haben Eltern ein Kind schon zu Lebzeiten mit einer Schenkung bedacht, dann sollte dies bei so einer Besprechung auf den Tisch kommen. Kinder haben ein feines Sensorium für Gerechtigkeit, und die familiäre Bilanz wird dann über einen Erbstreit gelebt und wird zum Sprengstoff.

Gabrielle Rütschi ist Psychologin. In ihrer Praxis in Zürich hat sie häufig auch mit Erbstreits zu tun
Fotos: Alamy, Manuel Fischer / Freshpixel.ch, PR (2)

Was können Erblasser besser machen?

Die beste Voraussetzung, dass es beim Erben weniger Schwierigkeiten gibt, ist eine offene Kommunikationskultur innerhalb der Familie. Die Mitglieder schaffen es eher, diese unangenehme Herausforderung der Nachlassteilung anzugehen und auch zu diskutieren. Und: Auch ein klares und rechtlich gültiges Testament macht es den Erben einfacher.

Gibt es einen besonders dramatischen Fall in Ihrer Praxis bzw. in Ihrem Buch?

Da fällt mir folgendes Beispiel ein: Hans, der älteste Sohn eines Arztehepaars, wurde von seiner Mutter immer wieder heimlich mit Geld versorgt, um seine Schulden zu bezahlen. Er führte einen aufwendig

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