„So, wie du bist, bist du GENAU RICHTIG“

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GENERATION WOW

Was macht es mit einer Mutter, wenn die Tochter plötzlich ein Junge sein will? In einem berührenden Brief an ihren 16-jährigen Sohn beschreibt Katrin Zachmann (50) ihre Achterbahnfahrt der Gefühle

DAS LEBEN DAVOR Weil auf der neuen Schule niemand seine Geschichte kennt, möchte Katrins Sohn nicht mit Namen genannt werden – zu groß ist die Angst vor Ablehnung
ALS MÄDCHEN GEBOREN, aber im Herzen ein Junge: Nach dem Coming-out 2020 begann für Mutter und Sohn eine herausfordernde Zeit, die beide einander am Ende noch näher gebracht hat
MOMENTE DER LEICHTIGKEIT „Ich habe in den letzten Jahren gelernt, meinem Kind auf Augenhöhe zu begegnen“, sagt Katrin. „Das war für mich ein wichtiger Schlüssel.“
FOTOS: ILONA HABBEN

Das überwältigende Glück, als ich deinen warmen Körper das erste Mal auf meiner Brust spürte, lässt sich kaum in Worte fassen. Nach zwei Jungs hatte ich endlich mein geliebtes Mädchen, mit dem Namen, den ich mir schon immer für eine Tochter gewünscht hatte. Er passte so gut zu dir, zu deiner sonnigen, offenen Art. Immer wieder bekamst du Komplimente für deinen Namen. Ich fühlte mich geschmeichelt und bemerkte gar nicht, wie unglücklich du tief in deinem Herzen warst.

Das änderte sich abrupt, als du kurz vor deinem 12. Geburtstag diesen Satz sagtest : „Mama, ich glaube, ich bin kein Mädchen, sondern ein Junge.“ Ich dachte: Okay, das ist wieder einer deiner Versuche, Aufmerksamkeit zu bekommen. Beginnende Pubertät. Eine Phase. Wie sehr ich mich geirrt hatte …

Und dann kam dein Wunsch nach einem neuen Namen

Erst im Nachhinein erkannte ich, wie sehr du gelitten hast. Du zogst dich immer mehr zurück, und dann kam eines Nachts deine WhatsApp: „Ich möchte nicht mehr leben, Mama.“ Meiner aufsteigenden Panik versuchte ich mit Aktivität beizukommen, telefonierte etliche Psychotherapeutinnen und -therapeuten ab. Ich fühlte mich schuldig und voller Angst. Warum hatte ich nicht früher reagiert? War ich ein schlechtes Frauen-Vorbild? Hatte ich als alleinerziehende Mutter versagt?

Dein Coming-Out fiel genau in die Zeit der Corona-Pandemie, sodass keine Treffen von Selbsthilfegruppen stattfanden. Also hieß es, Informationen online sammeln, selektieren und sortieren.

Und dann kam dein Wunsch nach einem neuen Namen. Und um ehrlich zu sein, verletzte mich diese vehemente Ablehnung deines Mädchennamens. Auch wenn ich nicht der Rosa-Glitzer-Rüschen-Fan bin – ich liebe es, Kleider zu kaufen, Haare zu frisieren und zu basteln. In meinen Augen waren das genau die Dinge, die ich mit meinen Jungs eben nicht hatte. Und ja, insgeheim hoffte ich, dich später bei deiner Schwangerschaft begleiten zu können.

Keinem von uns war zu diesem Zeitpunkt bewusst, wie viel Überwindung es dich gekostet haben musste, deinen Wun

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