RIESE AUF REISEN

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Endspurt der Superlative: Der GRÖSSTE EISBERG der Welt driftet ins Warme. Wie wirkt der tauende Titan auf Tiere, Schiffe und den Meeresspiegel?

DAGO WEYCHARDT

Die Wellen knabbern an der Steilkante: Tafeleisberg A23a am 14. Januar 2024
FOTOS: IAN STRACHAN/EYOS EXPEDITIONS/AFP, COPERNICUS SENTINEL 1A RADAR SATELLITENDATEN/ESA/ÜBER POLARVIEW, RICHARD SIDEY/EYOS EXPEDITIONS/PICTURE ALLIANCE, IMAGO, PRIVAT; GRAFIK: HÖRZU WISSEN

Groß, schwer und träge. Es ist ein Koloss, der da aus der Kälte kommt. Mit 4000 Quadratkilometern ist A23a der aktuell größte Eisberg der Welt. Höher als der Funkturm in Berlin und viereinhalbmal so groß wie die Hauptstadt. Das weiße Floß hat schon rund 2000 Kilometer zurückgelegt und schwimmt mit etwa einem Kilometer pro Stunde Richtung Südgeorgien.

„Sobald ein Tafeleisberg wie A23a über die Spitze der Antarktischen Halbinsel driftet, bleibt ihm in der Regel maximal ein Jahr“, sagt Geophysikerin Dr. Daniela Jansen vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. „Im Satellitenbild erkennt man, dass er an den Rändern bereits krümelt.“ Der Eisberg ist angezählt. Ungewöhnlich ist sein Alter. Er kalbte schon 1986 vom Filchner-Ronne-Schelfeis im Weddellmeer. Der Buchstabe A steht für diese Herkunft. Er kam nicht weit, lief auf Grund. Erst 2020, nach gut 30 Jahren, nahm er Fahrt auf.

Inzwischen hat er das Weddellmeer verlassen und mit ihm seinen größten Schutzschild, die Kälte. Seine ärgsten Feinde erstarken: Wärme, Wellen, Winde, Wirbel und Wasserströmungen – alle ziehen und zerren an ihm. Im Januar zeigten Drohnenaufnahmen seine offene Flanke, oben zu sehen. Der einst ebene, bis zu 400 Meter dicke Gigant altert rapide. Als hätte ein Riese monumentale Arkadengänge in die Eiskante gemeißelt. „Durch Erosion entstehen Risse, Bögen und Höhlen“, so Jansen. „Doch am meisten schmelzen Eisberge von unten.“

Pinguinkiller im Polarmeer?

Welche Folgen hat die Wanderung des 60 mal 74 Kilometer großen Titanen für Tiere, Schiffe und Meeresspiegel? Jansen: „Zwar kommt es vor, dass ein Eisberg die Wege einer Pinguin- oder Robbenkolonie stört, aber das ist ein natürlicher Prozess. Die Bestände erholen sich.“

Und die Schifffahrt? 1912 verursachte ein Eisberg den Untergang der Titanic vor Neufundland. „Heute sind wir durch Satellitenaufnahmen recht gut informiert“, sagt Jansen. „Dennoch ist Vorsicht geboten, denn nur ein Siebtel des Bergs ragt aus dem Wasser. Und wir wissen nicht genau, wann und ob er ze

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