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Zwischen Liebe und Verzweiflung: Cordula (58) spricht über das Leben mit ihrem dementen MannZwischen Liebe und Verzweiflung:
Wie fühlt es sich an, wenn der am meisten geliebte Mensch in eine andere Welt verschwindet, zu der man selbst keinen Zugang hat? Und vor allem: Wie schützt man sich davor, sich selbst aufzugeben?
Der Schlaf war kurz, vielleicht drei, vier Stunden. Gerhard ist wieder auf Wanderschaft gegangen – und ich musste natürlich mit. So geht es jetzt seit ein paar Monaten. Nacht für Nacht. Er steht auf, zieht sich an und läuft unruhig durch das ganze Haus, seit kurzem auch in den Garten und sogar an der Straße entlang. Manchmal, wenn ich so schrecklich müde bin, dass ich einfach nicht mehr kann, ertappe ich mich bei dem Gedanken, ihn einfach laufen zu lassen. Ohne ständig hinterher zu sein, ohne aufzupassen, dass ihm nichts passiert … und dann tut es mir wieder so leid. Er tut mir leid. Doch ehrlich, ich mir langsam auch.“
Cordula und ihr Mann Gerhard sind seit 33 Jahren verheiratet. Führten eine glückliche Ehe, ohne Ärger oder Streit.
Nichts konnte in all der Zeit ihre Liebe erschüttern – bis vor 3,5 Jahren eine beginnende Demenz bei Gerhard diagnostiziert wurde. „Das war ein so großer Schock, ich kann mich noch ganz genau an den Tag erinnern. Vor allem, weil wir so etwas nie für möglich gehalten haben, er war doch Professor an der Universität und geistig immer top fit. Wenn er Vorlesungen halten oder Seminare geben konnte, hingen die Studierenden an seinen Lippen.
Da blühte er immer richtig auf. Dass ihm genau diese Fähigkeit jetzt abhanden kommt, zog uns beiden den Boden unter den Füßen weg. Doch endlich hatten wir eine Erklärung für all die Dinge…“, so die ehemalige Leiterin einer Grundschule. „Anfangs vergaß er ständig Dinge irgendwo, auch mal seine Aktentasche. Immer öfter fand ich Teetassen im Ofen, seine Brille im Gemüsefach oder den Autoschlüssel im Medizinschrank.
Sprach ich Gerhard darauf an, wusste er von nichts, schämte sich aber fürchter