Diese Frauen wollten die Welt verändern

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Serie

Mat hilde Giesler

Fotos: BBNEWS, Getty Images (2), IMAGO Images/StockTrek Images, mauritius images, wikimedia commons

Heute ist die Familie keineswegs mehr ein rechtsfreier Raum, in dem es einem Mann zusteht, seine Frau zu verprügeln. Aber es ist noch nicht einmal 100 Jahre her, dass die Züchtigung von Ehefrauen als normal gilt. Eine, die das noch am eigenen Leibe erfahren muss, ist die 1817 in Westfalen geborene Mathilde Giesler. Sie ist 19 Jahre alt, als sie von ihren Eltern mit dem wohlhabenden Weinhändler Alfred von Tabouillot vermählt wird – und dieser prügelt sie, wann immer ihm danach ist. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Einmal ist es eine vom Hausmädchen nicht perfekt gebügelte Krawatte, einmal eine von der Köchin versalzene Suppe. Ein Jahr erträgt Mathilde das Martyrium, dann verlässt sie das Haus ihres Gatten für immer. In der Hand trägt sie einen Koffer und im Arm ihre erst wenige Wochen alte Tochter Fanny. Mathilde geht nach Wesel und reicht die Scheidung ein. Ein Skandal!

Mit Susan B. Anthony zusammen gründet Mathilde eine Zeitung

Eine Scheidung: Mathilde wird geächtet

Zwar ist die Auflösung einer Ehe möglich und im Gesetz auch seit 1794, also seit mehr als 40 Jahren, verankert, aber die Tatsache, dass eine Frau davon Gebrauch macht, schockiert die Gesellschaft. So ist der Preis, den sie für die Wahrnehmung ihrer Rechte zahlen muss, hoch: Ächtung, Armut und ein zermürbender Kampf mit den Behörden, die den Prozess sieben Jahre verschleppen. Schließlich bekommt sie ihre Scheidung und ein geringes Unterhaltsgeld zugesprochen, von dem sie kaum leben kann. Mathilde muss also für sich und ihr Kind selbst sorgen – und das in einer Zeit, in der Frauen von fast allen Berufen ausgeschlossen sind.

Eine Serie von Antje Windgassen

„Der Mann hat in der Ehe das Recht, die Ehefrau zu züchtigen, um seine Stellung und Rechte durchzusetzen.“ Das Gesetz, im Bayerischen Zivilgesetzbuch aufgeführt, tritt am 1. Januar 1900, mit dem Einsetzen des BGB, außer Kraft und wird 1928 offiziell aufgehoben.

Erst jetzt beginnt sie richtig zu begreifen, wie absurd und entwürdigend die Lage der Frau ist. Von nun an hält sie sich von der frauenfeindlichen Kirche fern und beginnt für die Rechte der Frauen einzutreten, indem sie regimekritische Artikel für die wichtigsten liberalen Zeitungen des Landes schreibt. Sie tritt dem freiheitlich denkenden „Demokratischen Verein“ bei, zu dem auch Männer wie Karl Marx gehören. Hier lernt Mathilde den ehemaligen Offizier Fritz Anneke kennen – ihre erste und einzige große Liebe. Im Juni 1847 heiratetet das Paar und legt den Grundstein für den „Kölner Arbeiterverein“. Schließlich wird Fritz von den preußischen Behörden wegen „staatsgefährdender Agitationen“ verhaftet. Nach seiner Entlassung und dem Scheitern der Deutsc

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