Gewalt verändert uns

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Interview mit Kerstin Schwarz, Psychologin und Leiterin der BIG-Clearingstelle (Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen)

tina: Was macht Gewalt in einer Beziehung mit der Frau?

Kerstin Schwarz: Die Frau verändert sich in eine Richtung, die ihre Möglichkeiten einschränkt. Und das ist, was psychisch wirkt. Die Einengung der Möglichkeiten. Außerdem verändert sich das Selbstbild: Ich habe so und so weit Kontrolle über mein Leben, für das Fundament, auf dem ich stehe, habe ich ein Gefühl, darauf kann ich mich verlassen. Auf diesem Fundament bauen wir soziale Beziehungen auf, nehmen am Arbeitsleben teil und bestätigen durch alle gemachten Erfahrungen somit immer wieder das Gefühl: Es ist in Ordnung, dass ich da bin. Ich bin richtig, wie ich bin. Ich habe ein Recht, auf der Welt zu sein. Und wenn dieses Fundament infrage gestellt ist, dann fängt alles an zu schwanken.

Warum bleiben Frauen lange in gewalttätigen Beziehungen?

Das kann vorgeprägt sein. Wer schon im Vorfeld Opfer von Gewalt war, für den ist es ein Teil der Normalität und Teil des Konzeptes von sich selbst. „Mir passiert so etwas eben.“ Scham spielt auch eine Rolle. Die Schwelle, sich zu äußern, ist hoch. Und es bedarf der Möglichkeit zur Veränderung. Es hat häufig praktische Ursachen, dass eine Frau in einer gewalttätigen Beziehung bleibt : kein Geld, keine Arbeit, keine Wohnung, keine Freunde, Streit um die Kinder.

Wie beginnt eine gewalttätige Beziehung? Kann man Anzeichen erkennen?

Was immer ein Indikator sein sollte, ist das Ausüben von Macht und ein starkes Kontrollbedürfnis. Macht ist immer Teil von Gewalt. Das kann zunächst relativ harmlos aussehen und tatsächlich sehr liebevoll wirken, zum Beispiel durch das sogenannte Love-Bombing. „Ich liebe dich so sehr, ich halte es nicht ohne dich aus, wir müssen sofort zusammenziehen.“ Das kann sehr, sehr romantisch aussehen. Dahinter verbirgt sich ei

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