Wurde bei der Vorwahl der US-Republikaner in Iowa getrickst?

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Kolumne

DIE FABELHAFTE WELT DER MATHEMATIK

Donald Trump verlor bei den republikanischen Vorwahlen in Iowa einen Wahlkreis gegen Nikki Haley – mit nur einer Stimme Unterschied. Wie wahrscheinlich ist so ein knappes Ergebnis?

SDI PRODUCTIONS / GETTY IMAGES / ISTOCK (AUSSCHNITT)

S ehr viel eindeutiger kann ein Wahlergebnis nicht ausfallen: In 98 von 99 Bezirken des US-amerikanischen Gliedstaats Iowa hat sich Donald Trump gegen die internen Herausforderinnen und Herausforderer der Republikanischen Partei durchgesetzt. Doch etwas sticht bei genauerem Hinsehen heraus. In dem einen Bezirk, den Trump nicht holen konnte, gewann die Politikerin Nikki Haley mit nur einer Stimme Vorsprung. In Johnson County stimmten 1271 Personen für Haley und 1270 für Trump. Schnell wurden Stimmen in den sozialen Medien laut, man solle den Bezirk noch einmal neu auszählen. Ein so knapper Wahlsieg schien vielen verdächtig.

Das Ergebnis stach auch dem pensionierten Physiker Franz Pichler aus Wien ins Auge –und er beschloss, den Ausgang mit statistischen Methoden genauer unter die Lupe zu nehmen: Wie wahrscheinlich ist es, in einem Bezirk mit 2541 Wahlgängern einen Sieg mit nur einer Stimme Differenz davonzutragen? Wie Pichler herausfand, liefert die Mathematik eine deutliche Antwort darauf.

Um solche Fragen mathematisch anzugehen, bieten sich statistische Simulationen an: Man modelliert die Wahlsituation immer und immer wieder und wertet aus, wie häufig der zu untersuchende Ausgang eintritt. Ignoriert man die Stimmen, die an die übrigen republikanischen Kandidaten wie Ron DeSantis in der Vorwahl gingen, haben etwa 50 Prozent der Wahlgänger in Johnson County Donald Trump und die übrigen 50 Prozent Nikki Haley gewählt. Deshalb ordnete Pichler in seiner Simulation die betreffenden 2541 Stimmen mit einer Wahrscheinlichkeit von ½ dem einen oder dem anderen republikanischen Kandidaten zu.

Viele Menschen denken, Mathematik sei kompliziert und öde. In dieser Serie möchten wir das widerlegen – und stellen unsere liebsten Gegenbeispiele vor: von schlechtem Wetter über magische Verdopplungen hin zu Steuertricks.

Manon Bischoff ist Redakteurin für Mathematik und Physik bei Spektrum der Wissenschaft.

Eine simulier te Wahl durch Münzwürfe

Auf diese Weise simulierte Pichler eine Situation, bei der jeder der 2541 Wahlgänger in der Wahlkabine eine Münze wirft, und das Kreuz dann entsprechend für Trump (etwa bei Kopf) oder Haley (bei Zahl) setzt. Dann wertete der Physiker aus, welche Stimmendifferenz sich am Ende des Urnengangs ergibt. Um daraus eine Aussage abzuleiten, wiederholte er die simulierte Wahl – und zwar 30 000-mal.

Natürlich saß Pichler nicht mit einer Münze am Schreibtisch, die er für jeden der 2541 Wähler 30 000-mal warf (was knapp 76,2 Millionen Münzwü

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