Die Mathematik der Zeitreisen

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Kolumne

DIE FABELHAFTE WELT DER MATHEMATIK

Zurück ins Jahr 2019 und die Corona-Pandemie verhindern: Das wünschen sich wahrscheinlich die meisten. Auch wenn das unmöglich erscheint, spricht mathematisch kaum etwas dagegen.

WILDPIXEL / GETTY IMAGES / ISTOCK

Manche Ereignisse würde man gerne ungeschehen machen. Das können Kleinigkeiten sein wie eine verpatzte Prüfung oder ein Streit unter Freunden. Man könnte sich aber auch größere Ziele setzen, wie etwa den Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2019 zu verhindern. Zum Beispiel indem man »Patient Null« aufspürt und isoliert, bevor dieser jemanden anstecken kann. Abseits von Sciencefiction-Geschichten begegnet man allerdings keinen Zeitreisenden. Dennoch beschäftigen sich verschiedene Wissenschaften (von der Physik über die Mathematik bis hin zur Philosophie) schon seit Jahrzehnten mit dem Thema – und schließen die Möglichkeit nicht aus.

Die Basis für Zeitreisen liefert die Physik, genauer gesagt: die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein, die er 1905 beziehungsweise 1915 veröffentlichte. Mit diesen stellte er die Vorstellungen der Welt auf den Kopf: Zeit und Raum sind demnach keine statischen Größen, sondern können je nach Situation gestreckt oder gestaucht werden. Sprich: Ein Stab ist nicht überall und jederzeit gleich lang, ebenso wie eine Sekunde mal sehr schnell und mal sehr langsam vergeht.

Letzteres mag uns zwar bekannt vorkommen – eine Stunde Schulunterricht kann manchmal sehr lang erscheinen, während eine Stunde mit Freunden im Nu vorüber ist. Doch Einstein beschäftigte sich nicht mit der Wahrnehmung einer Zeitspanne, sondern deren tatsächlicher Dauer im Vergleich zu einem anderen System. Zum Beispiel: Eine Sekunde auf der Erdoberfläche unterscheidet sich von einer Sekunde auf einem Satelliten, der uns im Orbit umkreist. Das ist inzwischen bestens nachgewiesen: Würde man die Differenz nicht beachten, wären Navigationssysteme wesentlich ungenauer.

Viele Menschen denken, Mathematik sei kompliziert und öde. In dieser Serie möchten wir das widerlegen – und stellen unsere liebsten Gegenbeispiele vor: von schlechtem Wetter über magische Verdopplungen hin zu Steuertricks.

Manon Bischoff ist Redakteurin für Mathematik und Physik bei Spektrum der Wissenschaft.

Reisen in die Zukunft dank schneller Bewegung

Tatsächlich ermöglicht bereits Einsteins spezielle Relativitätstheorie Reisen durch die Zeit – allerdings nur in die Zukunft.

Wie der Physiker herausfand, drehen sich die Uhren für bewegte Beobachter langsamer. Würde man also in ein Raumschiff steigen, das sich mit 97 Prozent der Lichtgeschwindigkeit bewegt, und dann wieder auf die Erde zurückkehren, wären während einer fünfjährigen Reise im All gut 20 Jahre auf unserem Heimatplaneten vergangen. So ist der

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