Mit genetischem Material aus der Umwelt können Fachleute die Verbreitung von Wildtieren störungsfrei erfassen. Dazu analysieren sie DNA-Spuren im Wasser, in der Luft oder sogar aus dem Mageninhalt Blut saugender Parasiten.
Asia Murphy ist promovierte Ökologin und erforscht an der University of California in Santa Cruz, wie sich die Verstädterung auf die Verbreitung von Wildtieren auswirkt.
UMWELT-DNA
Im Jahr 2022 standen Nina Garrett von der kanadischen York University in Toronto und ihre Kollegen vor einem Klassenzimmer in Belize, das sie als behelfsmäßiges Feldlabor nutzten. Mit umgebauten Computerlüftern saugten sie die Raumluft an und fingen herumfliegende Staubkörnchen, Haare, Hautschuppen und andere Partikel mittels Filter auf. Anschließend suspendierten sie das gesammelte Material und vervielfältigten die darin enthaltenen DNA-Stränge mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR), einer hocheffizienten Methode aus der Molekularbiologie. Dann bestimmten sie die DNA-Sequenzen und verglichen diese mit einer Referenzbibliothek.
Laut dem Ergebnis hatten sich im Klassenzimmer Fledermäuse vieler verschiedener Arten aufgehalten, darunter die Jamaika-Fruchtfledermaus (Artibeus jamaicensis) und die Peters-Kinnblattfledermaus (Mormoops megalophylla). Wickelbären, mit Waschbären verwandte langschwänzige, baumlebende Raubtiere, schienen ebenfalls in dem Raum gewesen zu sein – und Pferde. Spuren von nordamerikanischen Mausohrfledermäusen, die eigentlich mehr als 2000 Kilometer weiter nördlich vorkommen, konnte das Team gleichfalls nachweisen.
Was um alles in der Welt hatten diese Geschöpfe in einem mittelamerikanischen Klassenzimmer zu suchen? Garrett und ihre Kollegen hatten ursprünglich herausfinden wollen, wie zuverlässig ihre Methode Tiere identifiziert, von denen sie sicher wussten, dass sie vor Kurzem im Raum gewesen waren. Doch die Wissenschaftler stießen auf eine viel größere Vielfalt an genetischem Material, als sie je erwartet hätten.