Mit RNA-Impfstoffen haben Pharmafirmen riesige Gewinne erzielt. Entsprechend groß ist das kommerzielle Interesse an der nächsten Generation der RNA-Arzneimittel, die auf ringförmigen Molekülen basieren.
Elie Dolgin ist freiberuflicher Wissenschaftsautor, unter anderem für »Nature« und »Science«.
MEDIZIN
Impfstoffe auf RNA-Basis sind im Zuge der Covid-19-Pandemie rasant einsatzbereit gemacht und gleich auch massenhaft verabreicht worden. Binnen zweier Jahre erhielten hunderte Millionen Menschen weltweit solche Präparate, ein historisch beispielloser Vorgang. Noch nie in der Geschichte erzielte die Markteinführung neuer Arzneistoffe derart hohe Umsätze; die dahinterstehenden Forschungsarbeiten wurden 2023 – gerade einmal vier Jahre nach Ausbruch der Pandemie – mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin gewürdigt (siehe »Spektrum der Wissenschaft« Dezember 2023, S. 35).
Die derzeit verwendeten RNA-Vakzine haben allerdings einen entscheidenden Nachteil: Als maßgebliche Wirkstoffe enthalten sie RNA-Moleküle in linearer Form, die sehr kurzlebig sind. In den menschlichen Organismus eingebracht, dauert es nur wenige Stunden, bis sich körpereigene Enzyme auf diese Moleküle stürzen und sie zerstören. Für einen Impfstoff ist das kein großes Problem, denn das virale Protein, dessen Bauanleitung die RNA trägt, muss nur für kurze Zeit präsent sein, um die gewünschte Immunreaktion auszulösen. Aber für die meisten therapeutischen Anwendungen – wenn es also darum geht, bestehende Erkrankungen mit RNA-Präparaten zu behandeln – wäre es besser, Moleküle zu verabreichen, die biochemisch stabiler sind.
An der Stelle kommt ringförmige RNA ins Spiel, so genannte circRNA. Fügt man die Enden eines linearen RNA-Strangs zusammen, so dass ein schleifenähnliches Konstrukt entsteht, finden viele RNA-zerstörende Enzyme keinen Angriffspunkt mehr, an dem sie sich festbeißen können. Infolgedessen sind ringförmige RNA-Moleküle stabiler und langlebiger als lineare, weshalb sie ihre medizinische Wirkung über größere Zeiträume hinweg entfalten. Mit anderen Worten, sie haben ein gesteigertes therapeutisches Potenzial – selbst wenn sie in niedrigerer Dosis verabreich