Schwere psychische Erkrankungen werden noch stärker stigmatisiert. Das stört Stefanie Schreiter

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Die Menschen sind in jüngster Zeit gegenüber Depressionen deutlich offener geworden – dies zeigt die deutsche Langzeitstudie zum Stigma psychischer Krankheit. Es scheint vielen zunehmend bewusstzuwerden, dass der Übergang zwischen psychischer Gesundheit und Erkrankung f ließend ist und prinzipiell jede und jeder von uns eine Depression entwickeln kann und einige auch vor den schwereren Störungen nicht gefeit sind. Leider gilt diese neue Offenheit nicht für Erkrankungen wie Sucht oder Schizophrenie, im Gegenteil. Sucht wird immer noch mit Schuld verknüpft. Und in Medienberichten werden zu häufig Verbrechen in enge Nähe gebracht mit sehr ernsten psychischen Problemen – auch das macht es nicht einfacher, mit diesen Erkrankungen offener umzugehen und toleranter zu werden.

Im Zusammenhang mit mittleren Depressionen wird hingegen darüber berichtet, wie man sie bewältigen kann. Dadurch geht zwar das Stigma „leichterer“ psychischer Erkrankungen zurück, aber es verschiebt sich auf die schweren Erkrankungen. Ein intensiverer Diskurs über die Optimierung mentaler Gesundheit hilft denjenigen nicht, die mit solchen Erkrankungen zu kämpfen haben, sondern macht das Leben für sie nur noch härter – für sie ist die Stigmatisierung wie eine zweite Krankheit.

Stefanie Schreiter ist geschäftsführende Oberärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité in Berlin, Leiterin der dortigen AG Mental Health Care Research for Vulnerable Groups und der AG Digitale Psychiatrie
An dieser Stelle erzählen Expertinnen und Experten, worüber sie sich ärgern

Dabei wird ausgeblendet, dass Menschen mit diesen Erkrankungen ohnehin mit viel größeren Belastungen zu tun haben als andere. Sie kämpfen mit sozialen, psychischen und körperlichen Problemen zugleich. Diese sind ihrer Erkrankung zum Teil vorausgegangen und zum Teil Folge da

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