GEGEN STRESS

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WUNDERWAFFE

Meditation wird seit Jahrtausenden praktiziert. Sie hilft bei der Bewältigung von Stress und Ängsten und lindert Schmerzen.

IN INDIEN AUFGEWACHSEN, verbrachte ich die Sommerferien gewöhnlich bei meinen Großeltern in Kalkutta. Jeden Nachmittag ließ meine Großmutter sich auf einer Matte nieder, mit Blick auf den Andachtsraum der Familie, in dem Steinfiguren von Hindu-Gottheiten auf kleinen Holzthronen saßen. Eine halbe Stunde lang saß sie still da, die Augen geschlossen, ließ die Gebetsperlen durch ihre Finger wandern und murmelte in kaum hörbarem Flüstern den Namen Krishnas. Für mich als kleinen Jungen war dies die Gelegenheit, um auf Zehenspitzen an ihr vorbeizuschleichen und mich an dem Glas köstlich süßer Tamarindenpaste zu bedienen, das sie in einem Regal hinter ihrer Matte aufbewahrte. Was sie von diesem täglichen Ritual hatte, darüber machte ich mir damals keine Gedanken.

Natürlich kann objektiv niemand wissen, ob diese nachmittäglichen Meditationssitzungen meiner Großmutter halfen, in Kontakt mit einer höheren Macht zu treten. Doch immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse deuten darauf hin,

dass sie davon profitierte. Mit großer Wahrscheinlichkeit half es ihr bei ihrer Stressbewältigung. Vielleicht trug es auch dazu bei, altersbedingtem kognitivem Abbau vorzubeugen – jedenfalls war sie bis zu ihrer letzten Stunde geistig fit. Außerdem könnte das regelmäßige Meditieren ihr den Umgang mit Schmerzen erleichtert haben.

Meditation, im weitesten Sinne als Konzentration auf den gegenwärtigen Moment definiert, wird in unterschiedlichen Formen bereits seit Jahrtausenden in religiösen Traditionen auf der ganzen Welt praktiziert. Die meisten kontemplativen Praktiken haben ihre Wurzeln im Streben nach spiritueller Erleuchtung, doch Meditierende sind seit Langem überzeugt, dass sie sich auch günstig auf die Gesundheit auswirken. Seit rund 30 Jahren befassen sich Forscher damit, dies zu verifizieren. Einer neueren Studie zufolge lindert tägliche Achtsamkeitsmeditation – definiert als 45-minütige konzentrierte Beobachtung der eigenen Gedanken und Gefühle – Ängste und wirkt als Antidepressivum. In einer anderen Studie wurde festgestellt, dass achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie – bei der Betroffene lernen, negative Denkmuster mit

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