GENERATION WOW
Das hat die Münchnerin vom Papa geerbt. Vor sechs Jahren dann belebte Martina Koula (60) die Familientradition mit ihrem nachhaltigen Neuanfang
Wenige Gehminuten von den lässigen Eisbach-Surfern entfernt, am gemütlichen St.-Anna-Platz, der sich mit seinen Cafés unter den Kastanienbäumen mit den ersten zarten Sonnenstrahlen zum zweiten Wohnzimmer der Münchner verwandelt, findet gerade eine Premiere statt: Ein Mann wird bei Lakoula die Bühne betreten. Das Podest im Schaufenster misst zwar nur zwei Quadratmeter, doch wenn Martina Koula (60) in ihrem Laden zum Rock-Festival lädt, galt bislang: Ladies only!
Seit 2016 feiert die Gründerin einmal im Monat ihre neuen Kreationen: Nicht die Musik, sondern das Kleidungsstück steht bei Martinas Rock-Festival im Scheinwerferlicht. „Dieses Event ist das Herzstück meines Modelabels: Ich biete spannenden Rednerinnen die Bühne, und hinterher können meine neuen Modelle probiert und bestellt werden.“ Ein unkonventionelles Vertriebskonzept samt Spaß und Netzwerkfaktor! Doch dass die Münchnerin in der Mitte ihres Lebens ausgerechnet mit Mode neu durchstartet, ist ein Überraschungs-Gig …
Sie hat eine Führungsposition – und kündigt trotzdem
Denkt Martina an ihre Kindheit zurück, erinnert sie vor allem ihr zweites Zuhause: „Nach der Schule radelte ich zum Maßatelier meines Vaters, der in dritter Generation Herrenbekleidung fertigte. Die Luft roch nach Bügeldampf, Nähmaschinen ratterten, an den Tischen nadelten fleißige Mitarbeiter: Und wenn die Kunden neu eingekleidet aus der Tür hinausgingen, waren sie gefühlt einen halben Meter größer.“ Einmal im Jahr durfte die Tochter mit dem Bruder all die edlen Stoffe zur Inventur ausmessen: „Eine große Ehre!“
Schneiderin wäre die naheliegende Berufswahl gewesen. Doch wie das so ist mit uns freigeistigen Frauen, Martina schnuppert lieber in die Bühnenwelt hinein: Sie studiert Kommunikations- und Theaterwissenschaften, jobbt in der Dramaturgie. „Aber wollte ich wirklich ein Theaterleben?“ Nach der Uni entscheidet sich Martina um und startet als Werbetexterin ihre Agenturkarriere. „In Radiospots baute ich mir eine eigene Theaterwelt.“
Ziemlich erfolgreich. Als sie ihre Familie gründet, hat Martina längst eine Führungsposition – und kündigt trotzdem: „Ich hatte zu oft beobachtet, wie Kolleginnen nach der Elternzeit zurückgestuft wurden.“ Schwanger mit Sohn Tom macht sie sich selbstständig. Wenn sie zu Präsentationen fährt, ist sie viel mit dem Rad unterwegs: „Was mir fehlte, waren schicke Job-Outfits, die das mitmachen.“
Zu Martinas Morgenroutine gehört die Joggingrunde im Englischen
