Das Geschenk unserer Ahninnen

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Die Weisheit von Mutter, Oma und Urgroßmutter steckt in uns, und wir können diesen Generation-Code entschlüsseln. tina-Autorin Oda Frantzen hat in einem Seminar gelernt, wie das geht

Autorin Oda Frantzen (vorn links), Expertin Sabine Lück (vorn rechts) und zwei Seminar-Teilnehmerinnen. Auch sie haben die Botschaften ihrer Ahninnen entschlüsselt

Was gäbe ich darum, nur ein einziges Mal noch mit meiner Großmutter sprechen zu können. Immer hatte ich das Gefühl, sie versteht mich wie kein anderer Mensch. Beispielsweise gab sie mir oft, wie aus dem Nichts, genau den richtigen Ratschlag. „Geh tanzen und sitze nicht nur am Schreibtisch“, sagte sie einmal unvermittelt.

Als wüsste sie, dass ich just zu dieser Zeit wieder einmal hart für mein Studium arbeitete und mich insgeheim selbst fragte, ob das Leben nicht zu kurz kam. Allein: Davon hatte ich ihr nie erzählt, ihr, der Bäuerin aus Ostfriesland.

Falls Sie nun denken, liebe Leserin, dass ich gemeinsam mit Therapeutin Sabine Lück in Wendenburg bei Braunschweig die Geister im Jenseits angerufen hätte, kann ich Entwarnung geben. Die Expertin für „transgenerationale Weitergabe“ ist eine ganz bodenständige – und fördert doch wertvollste Erkenntnisse zutage.

Ganz entspannt versucht Oda Frantzen, sich in die Kindheit zurückzuversetzen. Welche Situation von früher taucht spontan auf? Wie roch es, welche Geräusche gab es? Und schon ist sie im Gestern
Fotos: Gunnar Geller

Nur zu Beginn mutet ihr Seminar leicht spirituell an: Wir Teilnehmerinnen meditieren, um uns gedanklich in die eigene Kindheit zurückzuversetzen. Doch gleich darauf wird es handfest: Jede der anwesenden Frauen soll eine Situation aus der Kindheit auftauchen lassen, die typisch für die Beziehung zu Mutter oder Vater war. Ich erinnere mich spontan an die tägliche Tee-Stunde mit meiner Mutter am Nachmittag. Wie alt ich da war, fragt mich die Leiterin. „Zehn“, entscheide ich aus dem Bauch heraus. Sabine Lück fordert mich nun auf, diese Szene nachzustellen. In meine Rolle schlüpft die Teilnehmerin im lila Rolli; die andere Frau fühlt sich in meine Mutter hinein. Ich platziere sie genauso, wie meine Mutter und ich früher saßen. Denn eine spezielle Körperhaltung fördert in jedem Menschen ähnliche Gefühle zutage. Diesen Mechanismus nutzt Sabine Lück für ihre Ahnen-Arbeit.

Als die Therapeutin fragt, wie sich die beiden Frauen gefühlt haben, sagt die Darstellerin der Mutter: „Ich habe mich gefreut, dass meine Tochter bei mir sitzt. Dennoch habe ich mich einsam gefühlt.“ Die Kind-Darstellerin bestätigt: „Ich wollte meiner Mutter gern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Doch ich merkte, dass ich dazu eigentlich zu jung bin.“

War die Mutter einsam? Es könnte sein …

Fast bin ich entrüstet, denn ich hatte mich doch stets

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