„Der Verfassungsschutz ist keine Polizei“

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INTERVIEW

Staatsrechtler Dietrich Murswiek sieht in den Plänen Nancy Faesers eine Bedrohung der freiheitlichen Ordnung. Der Geheimdienst, argumentiert er, sei nicht für ein ominöses „Staatswohl“ zuständig . Außerdem warnt der Jurist vor dem Versuch der Regierung, private Organisationen für sich einzuspannen

Tichys Einblick: Das 13-Punkte-Programm, das Innenministerin Nancy Faeser kürzlich unter dem Titel „Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen“ präsentierte, verschiebt das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern grundsätzlich: In Zukunft soll schon ein nicht näher beschriebenes „Gefährdungspotenzial“ dem Verfassungsschutz weitreichende Möglichkeiten geben, bis hin zur Auskundschaftung des Kontos und Druckausübung auf Kreditinstitute. Kann ein Gesetz eigentlich überhaupt mit derart vagen Begriffen wie „Gefährdungspotenzial“ und „neue Rechte“ operieren?

Dietrich Murswiek: Der 13-Punkte-Plan des Bundesinnenministeriums ist kein Gesetz, sondern erst einmal die Bekundung, etwas tun zu wollen. Soweit zur Umsetzung des Plans gesetzliche Vorschriften erforderlich sind, müssten diese viel präziser gefasst werden als die vagen Programmbegriffe. „Gefährdungspotenzial“ ist ein möglicher Rechtsbegriff. Ob er dem Bestimmtheitserfordernis genügt, hängt vom konkreten Verwendungszusammenhang ab. Für die Überwachung durch den Verfassungsschutz ist ein „Gefährdungspotenzial“ nicht Voraussetzung – beobachtet werden dürfen auch Organisationen ohne Gefährdungspotenzial. Nach dem Papier des Innenministeriums soll hingegen das Vorhandensein eines Gefährdungspotenzials ausreichen, damit der Verfassungsschutz Aus- künfte zum Beispiel bei Kreditinstituten „zu Konten, Konteninhabern […] und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge“ einholen darf. Dies ist bislang nur zulässig, wenn es um gewaltbereite oder Gewaltbereitschaft durch Aufstachelung zu Hass oder Willkürmaßnahmen fördernde Bestrebungen geht. Nach dem BMI-Plan soll das Einholen von Kontoinformationen auch bei völlig friedfertigen Organisationen möglich sein, wenn diese ein „Gefährdungspotenzial“ aufweisen. Das scheint auf die AfD, insbesondere auf deren hohe Umfragewerte, abzuzielen. Alle Maßnahmen, die auf die Erschwerung der Finanzierung einer nicht verbotenen Partei abzielen, sind allerdings mit dem Parteienprivileg des Grundgesetzes unvereinbar.

Faeser erklärte in einem Interview, es gehe darum, Konten von Personen, die sie der „neuen Rechten“ zuordnet, in Zukunft „stillzulegen“. Wie ist das mit dem Grundgesetz vereinbar?

Staatliche Kontenschließungen sind in dem Plan nicht vorgesehen. Wir haben es schließlich mit lega

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