DRAUFGÄNGER ODER ANGSTHASE?

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TIERPERSÖNLICHKEIT

Eine eigene Persönlichkeit zu haben, galt lange als typisch menschlich. Inzwischen zeigt sich aber, dass auch bei Tieren ein Artgenosse nicht wie der andere tickt – das gilt nicht nur für Primaten, sondern auch für Schlangen, Fische und Insekten.

Kerstin Viering ist Journalistin in Lehnin, Brandenburg; zur Homepage.
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Haben Sie oft Streit mit anderen? Sind Sie erfinderisch? Launisch? Selbstsicher? Mit Hilfe solcher Fragen schätzen Psychologinnen und Psychologen die Persönlichkeit von Menschen ein. Wie gut das bei einem selbst klappt, kann man auf der Website des Wilhelm-Wundt-Instituts der Universität Leipzig ausprobieren. Dort findet sich die deutsche Übersetzung eines Fragebogens, der häufig in der Persönlichkeitsforschung eingesetzt wird.

Dieses »Big Five Inventory« konfrontiert einen mit 60 Aussagen über sich selbst, die es in fünf Stufen von »stimme voll zu« bis »stimme gar nicht zu« einzusortieren gilt. Anhand der Antworten kristallisieren sich dann verschiedene Facetten der eigenen Persönlichkeit heraus. So erfährt man zum Beispiel, wie extravertiert man im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung ist. Wer hier einen hohen Wert erreicht, ist gesellig, durchsetzungsfähig und aktiv, während sich introvertiertere Menschen lieber zurückhalten. Nach dem gleichen Prinzip lassen sich die eigene Verträglichkeit, Offenheit, Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität einschätzen. Und neben diesen fünf zentralen Kategorien, den so genannten »Big Five«, erfasst der Fragebogen noch eine Reihe spezifischerer Eigenschaften.

Persönlichkeitsforschung ist also schon bei Menschen eine komplexe Angelegenheit. Das gilt umso mehr bei Tieren, die man nicht mit ausgetüftelten Fragebogen konfrontieren kann. Doch auch bei ihnen lohnt es sich, die individuellen Unterschiede genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn das führt häufig zu erstaunlichen Ergebnissen.

Affen mit Charakter

So kann man die »Big Five« der menschlichen Persönlichkeit in ganz ähnlicher Form bei Schimpansen finden. Bei ihnen gibt es verträgliche Zeitgenossen, die gut mit anderen klarkommen, gerne kooperieren und selten aggressiv werden. Genauso gibt es aber Unruhestifter und Streithähne, für die all das nicht gilt. Wie ein bestimmtes Tier diesbezüglich tickt, lässt sich durch eine genaue Analyse seines Verhaltens einschätzen. Bei Affen, die in menschlicher Obhut leben, sind da oft Tierpfleger und andere Betreuer gefragt. Sie füllen für ihre Schützlinge spezielle Fragebogen aus, in denen Wesenszüge mit bestimmten Verhaltensweisen in Verbindung gebracht werden. Wie ängstlich ein Tier ist, machen sie zum Beispiel dar-an fest, ob es bei echten oder eingebildeten Bedrohungen schreit, Grimassen zieht oder die Flucht ergreift.

Auf diese Weise hat eine Gruppe um Drew Altschul

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