EIN GUTES TEAM

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HUNDE

Hunde können tricksen, sind manchmal beleidigt und ignorieren unsinnige Anweisungen. Am österreichischen Wolfsforschungszentrum wird untersucht, weshalb Hunde zu uns passen – und wie sie sich von ihren Wolfsvorfahren unterscheiden.

Kurt Kotrschal ist Professor im Ruhestand an der Universität Wien. Als Biologe und Verhaltensforscher leitete er viele Jahre die Konrad Lorenz Forschungsstelle für Verhaltens- und Kognitionsbiologie im österreichischen Grünau im Almtal und ist Mitbegründer des Wolfsforschungszentrums im Wildpark Ernstbrunn.
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Lilly hört mit. Fällt an beliebiger Stelle eines Gesprächs das Wort »Keller«, flitzt unsere Eurasier-Hündin zur Tür des Untergeschosses. Sie weiß, dass dort ein Stück Trockenfleisch für sie abfällt, und hat offenbar eine Vorstellung vom Zusammenhang zwischen dem Keller und Leckerbissen. »Mentale Repräsentation« nennt man das in Psychologie und Kognitionsbiologie. Auch unsere mit Menschen sozialisierten Wölfe in den Gehegen des Wolfsforschungszentrums im österreichischen Ernstbrunn laufen erwartungsvoll zur Schleuse nach draußen, wenn wir von einem »Leinenspaziergang« sprechen (siehe »Wolf an der Leine«).

Oft heißt es, dass Hunde unsere Sprache verstehen und auf unsere Stimmungen empathisch reagieren – oder auch sauer, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen; dass sie Regeln verletzen, sobald sie sich unbeobachtet wähnen, unsinnige Anweisungen nicht befolgen und uns hin und wieder austricksen. Die Aufgabe der Forschung ist es, solche Volksweisheiten zu überprüfen.

René Descartes und andere Philosophen der Aufklärung sahen Tiere als reine Reiz-Reaktions-Maschinen, ohne Bewusstsein und Schmerzempfinden. Einige hundert Jahre später erklärten der Österreicher Konrad Lorenz und der Niederländer Nikolaas Tinbergen die Basis des Verhaltens von Tieren und Menschen im Rahmen ihrer »Instinkttheorie« als nicht bewusste, angeborene »innere Impulse«, wofür sie 1973 den Nobelpreis erhielten. Mentale Prozesse als Erklärung für Verhalten sahen die beiden eher kritisch – eine Reaktion auf die entweder stark vermenschlichende oder vereinfachende lerntheoretische Psychologie ihrer Zeit. Im 21. Jahrhundert interessierten sich auch immer mehr Biologen für das Fühlen und Denken von Tieren.

In den letzten Jahrzehnten beschäftigten sich zahlreiche Verhaltens- und Kognitionsbiologen mit den mentalen Fähigkeiten von Hunden, vergleichsweise weniger mit denen von Wölfen. Kaum untersucht sind die Geistesleistungen anderer Verwandter von Hunden, etwa von Schakalen, Kojoten und Füchsen. Dieses Ungleichgewicht verführte sogar manche Fachleute zu der Behauptung, Hunde sei-en »einzigartig« in ihrer »fast menschenähnlichen Intelligenz«. Das ist ebenso unsinnig wie die Behauptung, sie seien bloß Reiz-Reaktions-Maschinen.

Jenseits solche

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