BERECHNUNGEN IM FACHLAND

9 min lesen

NICHTABELSCHE ANYONEN

Nichtabelsche Anyonen sind exotische Teilchen, die eine neue Ära von Quantencomputern einläuten würden. Bisher existieren sie nur auf dem Papier, konnten nun aber erfolgreich auf Quantenprozessoren simuliert werden.

VINAP / GETTY IMAGES / ISTOCK

Drei Ringe, so miteinander verbunden, dass sie sich nicht trennen lassen, solange keiner von ihnen durchschnitten oder entfernt wird. In vielen Kulturen dieser Welt gilt das Muster als Symbol für Vernetzung und Stärke durch Einigkeit. Benannt nach der italienischen Familie der Borromäer, die sie in ihrem Familienwappen führten, stehen die Borromäischen Ringe heute zudem für eine neue Ära des Quantencomputings: Gelänge es, solche verwobenen Zustände in Materie zu erzeugen, würden die Rechner der Zukunft weniger empfindlich auf ihre Umgebung reagieren und dadurch stabiler laufen. Denn aktuell reagieren die Informationseinheiten von Quantencomputern, so genannte Qubits, äußerst sensibel auf äußere Einflüsse und lösen sich innerhalb kurzer Zeit in Wohlgefallen auf.

Bereits vor rund 40 Jahren dachten die beiden norwegischen Physiker Jon Leinaas und Jan Myrheim über bizarre Teilchen nach, die nur in einer flachen Welt überleben können und sehr robust sind gegen Störungen von außen. Eine bestimmte Sorte davon, so genannte nichtabelsche Anyonen, sind allerdings experimentell extrem schwer zu erzeugen und existieren bislang nur auf dem Papier von theoretischen Physikern.

Nun haben mehrere Forschungsgruppen unabhängig voneinander verkündet, nichtabelsche Anyonen auf Quantenprozessoren simuliert zu haben, darunter ein Team von IBM Quantum bereits im Jahr 2020 und erneut 2023, eins von Google Quantum AI im Jahr 2022 sowie Physikerinnen und Physiker des britischamerikanischen Unternehmens Quantinuum ganz aktuell im Mai 2023. Damit sind sie zwar den tatsächlichen Zuständen nicht näher gekommen, sie konnten aber zeigen, dass Quantenberechnungen mit ihnen wirklich funktionieren würden. Vorausgesetzt natürlich, es gelingt, die hypothetischen Materiezustände eines Tages tatsächlich zu erzeugen.

Die Theorie der Anyonen geht davon aus, dass in einer zweidimensionalen Welt neben den beiden bekannten Teilchenfamilien eine dritte Teilchenart möglich ist. Alle bekannten Elementarteilchen gehören entweder zu den Fermionen (Quarks, Elektronen, Neutrinos und so weiter), aus denen die Materie aufgebaut ist, oder den Bosonen (zum Beispiel Photonen oder Gluonen), die die Kräfte zwischen den Materieteilchen vermitteln. Fermionen und Bosonen unterscheiden sich durch ihren Spin, ein quantenmechanisches Merkmal, das einem Bahndrehimpuls gleicht: Fermionen haben immer einen halbzahligen Spin, während Bosonen einen ganzzahligen besitzen.

Eine völlig neue Art von Teilchen mit einem Gedächtnis

Die Unterschiede zwischen Fermionen und Bosonen gehen aber noch

Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel