MATERIEZUSTAND MIT ZWEITER ZEITDIMENSION MACHT QUANTENRECHNER ROBUSTER

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TOPOLOGISCHE PHASEN

Forscher haben mit einem Quantenprozessor eine neue Materiephase erzeugt, die eine zusätzliche Zeitdimension besitzt. Womöglich werden Qubits damit weniger fehleranfällig.

SAKKMESTERKE / GETTY IMAGES / ISTOCK

Für die Archivierung von Steuer- und Volkszählungsunterlagen verwendeten die Inkas ein Gerät, das aus einer Reihe von Schnüren bestand. Mit der so genannten Quipu ließen sich die Informationen in Knoten verschlüsseln. Einige hundert Jahre später haben Physiker ein weitaus anspruchsvolleres modernes Äquivalent dieser Methode entwickelt, das sie nun im Fachmagazin »Nature« vorstellten. Ihr »Quipu« ist eine neue Materiephase, die in einem Quantencomputer erzeugt wird. Die Schnüre sind Atome, und die Knoten werden durch Muster von Laserimpulsen gebildet, die eine zweite Zeitdimension eröffnen.

Auf den ersten Blick erscheint das völlig unverständlich – um es etwas begreifbarer zu machen, muss man ein wenig ausholen: Üblicherweise ist eine Phase der Materie ein räumlicher Bereich, in dem bestimmte Materialeigenschaften homogen sind – zum Beispiel die Dichte, Anordnung oder chemische Zusammensetzung. Die neu gefundene Phase ist nun eine von vielen innerhalb einer Familie von so genannten topologischen Phasen, die erstmals in den 1980er Jahren identifiziert wurden. Die Ordnung dieser Materialien beruht nicht auf der Anordnung ihrer Bestandteile –wie etwa die regelmäßigen Abstände der Atome in einem Kristall –, sondern auf ihren dynamischen Bewegungen und Wechselwirkungen.

Symmetrie in der Zeit Neue topologische Phasen können mit Hilfe neuartiger Kombinationen von elektromagnetischen Feldern und Laserpulsen erzeugt werden. Damit bringt man Ordnung oder »Symmetrie« in die Bewegungen und Zustände der Atome eines Materials. Derartige Symmetrien bestehen jedoch vorrangig in der Zeit und nicht im Raum, zum Beispiel bei induzierten periodischen Bewegungen. Allerdings lassen sich zeitliche Symmetrien in der Regel nur schwer direkt ausmachen. Sie können aber mathematisch entdeckt werden.

Dazu muss man das Material als niederdimensionale Projektion aus einem hypothetischen höherdimensionalen Raum beschreiben. Zum Verständnis: Stellen Sie sich ein Hologramm auf einer Kreditkarte vor. Eigentlich handelt es sich um ein zweidimensionales Objekt, das aber im richtigen Winkel scheinbar etwas Dreidimensionales zeigt. Das Hologramm ist also eine niederdimensionale Projektion eines höherdimensionalen Objekts.

Die nun neu geschaffene Materiephase manifestiert sich in einem Strang von Ionen, das sind elektrisch geladene Atome. In der Anordnung der Ionen lassen sich jedoch nur dann Symmetrien erkennen, wenn man sie als Material betrachtet, das in einer höherdimensionalen Realität mit zwei Zeitdimensionen existiert. »Es ist total aufregend, diese

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