EINEFR AGE DER HALTUNG

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TIERWOHLLABEL

Stall, Auslauf oder bio? Beim Kauf von Schweinefleisch muss künftig erkennbar sein, wie das Tier gelebt hat. Erstmals gibt es damit eine staatliche Kennzeichnungspflicht für Tierhaltung – zusätzlich zu den freiwilligen Siegeln.

Kerstin Viering ist Journalistin in Lehnin, Brandenburg; zur Homepage.
UTE GRABOWSKY / PHOTOTHEK / PICTURE ALLIANCE

Ist das Rind jemals über eine Weide gelaufen, bevor man es zum Schlachthof führte? War der Schweinestall ausreichend groß und bot sogar Stroh zum Wühlen? Durfte das Huhn zu seinen Lebzeiten im Freien scharren und Sandbäder nehmen? Umfragen zufolge spielen die Bedingungen, unter denen Tiere gehalten werden, für immer mehr Verbraucher und Verbraucherinnen eine Rolle. Zwar sind Preis und Geschmack für viele Menschen nach wie vor entscheidende Kriterien beim Kauf von Fleisch und Wurst. Aber eben nicht die einzigen.

Die Gesundheit und das Wohlbefinden von Nutztieren rücken immer stärker in den Fokus der Gesellschaft. Das belegt der »Ernährungsreport 2022« des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Für diesen Bericht haben Mitarbeitende des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Frühjahr 2022 rund 1000 Deutsche nach ihren Ess- und Einkaufsgewohnheiten gefragt. 80 Prozent davon gaben an, bei tierischen Produkten auf die Haltungsbedingungen zu achten. Viele erklärten sich auch durchaus bereit, fürs Tierwohl tiefer in die Tasche zu greifen. Statt 10 Euro pro Kilogramm Fleisch würden 36 Prozent der Befragten das Doppelte oder sogar noch mehr bezahlen, wenn die Tiere besser gehalten werden als vom Gesetz vorgeschrieben. 45 Prozent wollten dafür immerhin bis zu 15 Euro und 13 Prozent bis zu 12 Euro ausgeben.

Eine solche Investition lohnt sich möglicherweise nicht nur aus Gewissensgründen. Einige Studien zeigen nämlich, dass der Griff zu Produkten aus artgerechter Tierhaltung auch das Geschmacksempfinden von Menschen beeinflussen kann. Sabine Gross, Megan Waldrop und Jutta Roosen von der Technischen Universität München baten für eine Studie mehr als 150 Männer und Frauen, vier Sorten von Schinken zu beurteilen. Wussten die Testesser nichts über die Haltung der jeweiligen Schweine, schnitten alle Probierhäppchen gleich gut ab. Sobald die Forscherinnen jedoch die Herkunft thematisierten, änderte sich das: Den meisten Leuten schmeckte das Bioprodukt plötzlich am besten, gefolgt von einer Variante mit einem speziellen Tierwohllabel. Entsprechend war auch die Zahlungsbereitschaft höher. Der konventionelle Schinken dagegen schnitt nun sowohl in Sachen Geschmack als auch beim erzielbaren Kaufpreis am schlechtesten ab.

Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kam auch ein Team der Universität Göttingen in einer Studie, bei der es um den Geschmack von Hamburgern ging: Das gleiche Rindfleisch schmeckte den Leuten besser, wenn sie es für ein Bio- oder Weidefleischpr

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