EIN FALL FÜR STREICHHÖLZER

4 min lesen

Sie möchten die Kreiszahl Pi näherungsweise bestimmen? Kein Problem, dafür braucht man nichts weiter als eine Schachtel Streichhölzer – und etwas Geduld.

SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT / MANON BISCHOFF

Manche Menschen scheinen als Tollpatsch geboren – ich zähle mich definitiv dazu. Häufig lasse ich versehentlich etwas fallen oder werfe etwas um. Fällt allerdings mal eine Schachtel voller Streichhölzer auf den Boden, kann das aus mathematischer Sicht interessant sein. Vor allem, wenn das Missgeschick über Laminat oder Holzdielen geschieht. Denn durch die Position der kleinen Holzstäbchen kann man –wer hätte es gedacht? –wieder einmal die Zahl Pi berechnen.

Das erkannte erstmals der französische Naturforscher Georges-Louis Leclerc (1707–1788), mit adligem Namen Comte de Buffon. Wie er herausfand, lässt sich die Größe von Pi berechnen, indem man alle Hölzchen zählt und durch die Anzahl jener teilt, die auf einer Fuge zwischen zwei Dielen gelandet sind. Wie üblich bei solchen Berechnungen gilt: Je mehr Streichhölzer, desto genauer ist in der Regel das Ergebnis.

Inspiriert durch einen Zeitver treib von Adligen

Leclerc stieß wohl aber nicht auf diesen unerwarteten Zusammenhang, weil er tollpatschig war und Streichhölzer herunterwarf. Inspiriert hatte ihn vermutlich eher ein damals unter Adligen beliebtes Spiel: Man warf eine Münze auf ein Kachelmuster und wettete darum, ob diese auf einer Fuge landen würde oder nicht. Allerdings gab Leclerc für quadratische Muster die falsche Formel an – anders als für den Fall der Streichhölzer, das inzwischen als buffonsches Nadelproblem bekannt ist.

Wieder erscheint es unglaublich, dass durch eine so einfache Methode, die auf den ersten Blick nichts mit der Geometrie des Kreises zu tun hat, die irrationale Zahl Pi entsteht. Um zu verstehen, warum das so ist, nehmen wir der Einfachheit halber an, dass die Dielen genau doppelt so breit sind wie die Streichhölzer. Für andere Längenverhältnisse funktioniert die Berechnung natürlich auch, allerdings muss man das Ergebnis am Ende noch mit einem entsprechenden Faktor, der vom Längenverhältnis abhängt, multiplizieren, um Pi zu erhalten.

Wenn man N Streichhölzer auf einem Dielenboden fallen lässt, werden sie sich zufällig in der Ebene verteilen. Möchte man bestimmen, wie groß der durch-

Nun muss man herausfinden, für welche Werte von x und θ das Streichholz der Länge l auf einer Fuge liegt. Wie im oberen Bild dargestellt, befindet sich für x = 0 der Mittelpunkt des Hölzchens genau auf einer Lücke. Je größer x, desto weiter entfernt es sich davon. Sobald der Wert x >l ⁄2·sin(θ) übersteigt, berührt das Streichholz die Fuge nicht mehr.

Wahrscheinlichkeitsrechnung führt zu Pi

Nun geht es an die Wahrscheinlichkeiten: Da wir annehmen, dass die Streichhölzer zufällig auf dem

Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel